Zweite Seite des Aufrufs im Protokoll der Sitzung des Troisdorfer Gemeinderats vom 10.12.1946 (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

Besondere Fundstücke im Stadtarchiv Troisdorf

Das Stadtarchiv veröffentlicht in loser Reihenfolge Texte zu besondere Quellen, sogenannte „Fundstücke“. Die Quellen, zum Beispiel Fotos, Dokumente, Bücher, aber auch Auszüge aus Protokollen oder gegenständliche Quellen wie Geschenke an den Bürgermeister, stammen aus den Beständen des Stadtarchivs. Die Fundstücke werden im Zusammenhang ihrer Historie vorgestellt und erläutert. Bilder und Scans ergänzen das präsentierte Stück.

Falls Sie, liebe Leser*innen, Anregungen, Hintergründe sowie Hinweise zu den vorgestellten Quellen bereitstellen wollen oder dem Stadtarchiv interessante neue Fundstücke überlassen möchten, schreiben Sie bitte eine E-Mail  an das Stadtarchiv.

Viel Freude und viele neue Erkenntnisse beim Lesen! 

7. Fundstück: Speisen-Folge anlässlich der Stadterhebung der Gemeinde Troisdorf (1952)

Speisen-Folge anlässlich der Stadterhebung der Gemeinde Troisdorf, 23. März 1952 (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
Speisen-Folge anlässlich der Stadterhebung der Gemeinde Troisdorf, 23. März 1952 (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

„Feines Kalbsfleischragout in Blätterteig-Pastete“ sowie „Klare Ochsenschwanz-Suppe in Tasse mit Portwein gewürzt“ gehörten mitunter zu den Gerichten der Speisenfolge anlässlich der Stadterhebung der Gemeinde Troisdorf.

Am 23. März 1952 war es nach langem politischen Kampf des damaligen Bürgermeisters Dr. Hamacher und der Gemeindeverwaltung endlich soweit: Troisdorf erhielt den Stadttitel. Gefeiert wurde dies mit einem großen Festakt mit 

Bei dem siebten Fundstück handelt es sich um eine Speisen-Folge, die anlässlich dieses Festaktes am 23. März 1952 für das Mittagsessen der Ehrengäste im Kasino der Mannstaedt-Werke ausgearbeitet wurde. Im folgenden Fundstück werden von Viktoria Merling sowohl der Weg zur Stadtwerdung als auch der feierliche Festakt anhand von Quellen und Literatur prägnant umrissen und die wichtigsten Ereignisse versiert zusammengefasst.


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    Speisen-Folge anlässlich der Stadterhebung der Gemeinde Troisdorf 

    von Viktoria Merling

    Speisen-Folge anlässlich der Stadterhebung der Gemeinde Troisdorf, 23. März 1952 (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
    Speisen-Folge anlässlich der Stadterhebung der Gemeinde Troisdorf, 23. März 1952 (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

    „Feines Kalbsfleischragout in Blätterteig-Pastete“ sowie „Klare Ochsenschwanz-Suppe in Tasse mit Portwein gewürzt“ gehörten mitunter zu den Gerichten der Speisenfolge anlässlich der Stadterhebung der Gemeinde Troisdorf. Die Feierlichkeiten fanden im Kasino der Mannstaedt-Werke am 23. März 1952 statt. Auf dem Weg zur Stadterhebung sah sich die Gemeinde Troisdorf allerdings mit einigen Schwierigkeiten konfrontiert. Es ist vor allem dem damaligen Bürgermeister Dr. Wilhelm Hamacher und dem Gemeindedirektor Matthias Langen zu verdanken, dass sich die Bemühungen ausgezahlt haben und Troisdorf sich von nun an „Stadt“ nennen durfte.

    Troisdorf wird Stadt 

    Erste Bestrebungen in Richtung Stadterhebung wurden bereits 1938 unternommen, als in einer Denkschrift an den Regierungspräsidenten die Eingemeindung Sieglars nach Troisdorf angestrebt wurde. Durch den Zweiten Weltkrieg kamen diese ersten Bemühungen jedoch zum Erliegen. Dr. Wilhelm Hamacher, Bürgermeister der Stadt zwischen 1948 und 1951, sowie Matthias Langen, der zunächst das Amt des Gemeinde-, später des Stadtdirektors innehatte, strebten nach dem Zweiten Weltkrieg erneut die Stadtwerdung an. Zunächst stellte sich dieses Unterfangen jedoch als schwierig heraus, da die Nachbargemeinden die Bestrebungen der Troisdorfer mit Argwohn und Misstrauen beobachteten. Dort fürchtete man, den Expansionsbestrebungen könnten Eingemeindungsbestrebungen folgen. Bürgermeister Hamacher entschied aus diesem Grund, die Stadterhebung mit Bedacht und in kleinen Schritten voranzutreiben.

    Als die Gemeinde Troisdorf 1950 das goldene Jubiläum ihrer Selbstständigkeit in Form einer „Heimat- und Leistungsschau für Industrie, Handel und Handwerk“ feierte, wurden auch Stimmen von Außerhalb laut, die ihre Verwunderung über die noch nicht erfolgte Erhebung zur Stadt ausdrückten (auf ebendieser „Heimat- und Leistungsschau“ spielten sich auch die Ereignisse des vorherigen Fundstückes Nr. 6 ab). Durch den positiven Zuspruch auch von außerhalb wurde schließlich im selben Jahr der Stadtwerdungsprozess eingeleitet. Troisdorf zählte zu diesem Zeitpunkt 13.980 Einwohner (vgl. Schulte 1999, S. 143).

    Im Zuge des Stadtwerdungsprozesses mussten Voraussetzungen geschaffen werden, die der Gemeinde Troisdorf Stadtcharakter verleihen würden. Neben verschiedenen Einrichtungen und Institutionen waren auch Voraussetzungen auf politischer und verwaltungstechnischer Ebene zu schaffen. In diesem Zusammenhang befasste sich Bürgermeister Hamacher mit der Umsetzung des politischen und Gemeindedirektor Langen mit dem verwaltungstechnischen Part. Schließlich beschloss man am 22. Juni 1951 nach intensiven Gesprächen im engsten Kreis, den Antrag zur Stadterhebung der Gemeinde Troisdorf zu stellen.

    Im Zuge des Stadtwerdungsprozesses mussten die Troisdorfer drei Instanzen für sich gewinnen. Zunächst mussten die Kreis-, daran anschließend die Bezirksregierung und schließlich das Innenministerium überzeugt werden. Matthias Langen wies in seinem Exposé auf die gegenwärtige und zukünftige Siedlungs- und Wirtschaftspolitik sowie die positive
    Aussicht in Hinblick auf die zu erwartende Wachstumsentwicklung, die öffentlichen Einrichtungen und Anlagen, die
    Troisdorf auf eine Stufe mit anderen Städten stellten, und auf die Bedeutung der Verleihung des Stadttitels für den
    Kölner Raum und das Land Nordrhein-Westfalen hin.

    Am 6. Juli 1951 stelle sich jedoch heraus, dass die Troisdorfer nur mäßigen Erfolg bei den Kreisverordneten hatten. Aus einem Zeitungsbericht erfuhren sie, dass man zwar nicht Abgeneigt von den Bestrebungen der Gemeinde sei, die endgültige Entscheidung jedoch bis zum Erlass der sich noch in Arbeit befindlichen neuen Gemeindeordnung zurückgestellt werde. Haben Gemeinden wie Frechen und Porz jedoch im selben Zuge eine positive Rückmeldung auf ihre Stadterhebungsgesuche erhalten, entschloss man sich, den Kreis darum zu bitten, die Entscheidung nochmals zu überdenken, und fügte den Zusatz  „[… ] dass mit der Verleihung der Stadtrechte an die Gemeinde Troisdorf Eingemeindungen von Nachbargemeinden nicht verbunden sind […]“  hinzu (Stadtarchiv Troisdorf, A 2912, Blatt 10). Nach einer darauffolgenden Fraktionsführerbesprechung, wo sich herausstellte, dass sich die Gemeindeordnung in Hinblick auf den betreffenden Paragraphen nicht verändert habe, und nach nochmaligem Druck seitens der Ratsmitglieder, der Stadterhebung beizupflichten, gab der Kreis den Antrag schließlich gutheißend an den Regierungspräsidenten in Köln weiter.

    Regierungspräsident Dr. Warsch teilte der Gemeindeverwaltung Troisdorfs daraufhin mit, dass er sich persönlich ein Bild der Gemeinde machen wolle, bevor er den Antrag weiter an den Landesinnenminister geben könne. Gemeindedirektor Langen plante den Besuch des Regierungspräsidenten detailgenau. Neben einer sorgfältig ausgestalteten Stadtrundfahrt wurden im Sitzungsaal des Rathauses die geplanten Projekte und Pläne für die Zukunft ausgestellt. Ein Abendessen im Kasino der Mannstaedt-Werke rundete den Besuch ab. Sichtlich beeindruckt von der Gemeinde gab Regierungspräsident Dr. Warsch den Antrag wohlwollend an den Landesinnenminister weiter. Der Innenminister folgte letztlich der Auffassung Dr. Warschs und genehmigte „[…] die Verleihung der Bezeichnung ‚Stadt‘ an die Gemeinde Troisdorf […]“ (Stadtarchiv Troisdorf, A 2912, Blatt 29). Am 18. Januar 1952 unterzeichnete Innenminister Flecken die Verleihungsurkunde.

    Festakt zur Stadterhebung 

    Für den Festakt wurde nach einigem Überlegen der 23. März 1952 gewählt. Da auf der einen Seite für die Vorbereitungen des Festtages einige Zeit benötigt wurde und auf der anderen Seite Matthias Langen den Höhepunkt seiner Karriere selbst planen und ausführen wollte, im April desselben Jahres jedoch bereits 65 Jahre alt und folglich pensioniert werden würde, kam nur ein kurzer Zeitraum in Betracht. Kamen noch die Osterfeiertage sowie die zuvor stattfindende Fastenzeit als weiterer Faktor hinzu, entschied man sich, die Feierlichkeiten am Laetare-Sonntag abzuhalten, den 23. März 1952. Gemeindedirektor Langen plante die Feierlichkeiten ebenso gründlich wie die Vorbereitungen zur Stadterhebung. Die Liste der Gäste, die eingeladen wurden, war lang. Neben den offiziellen Regierungsvertretern, Vertretern der Kirche und Ehrenbürgern waren auch Vertreter der verschiedenen Berufsgruppen, der Vereine und der umliegenden Gemeinden anwesend.

    Die Feierlichkeiten begannen am frühen Morgen mit der Totenehrung und einem Festgottesdienst. In diesem Zusammenhang wurde auch dem mittlerweile verstorbenen Bürgermeister Dr. Hamacher gedacht, dessen Einsatz für die Stadterhebung maßgeblich zum Erfolg beigetragen hatte. Daran anschließend kam es zu einem feierlichen Empfang des Herrn Regierungspräsidenten Dr. Warsch am Ortseingang. Von dort wurde er in einem Mercedes Cabriolet, alle weiteren Ehrengäste und die Prominenz in offenen Volkswagen, in Richtung Rathaus für den offiziellen Empfang des Regierungspräsidenten im Sitzungssaal gebracht. Anschließend ging es weiter zum Festakt in den Römersaal. Regierungspräsident Dr. Warsch übergab dort feierlich die Urkunde zur Stadterhebung an Bürgermeister Kitz. Die Übergabe wurde von Böllern begleitet, was den genauen Moment der Stadtwerdung markieren sollte.

    Im Anschluss an den Festakt wurden alle Ehrengäste zu einem Mittagessen im Kasino der Mannstaedt-Werke, zu welchen die beiliegende Speisen-Folge gehört, eingeladen. Neben den bereits genannten Gerichten wie der Ochsenschwanzsuppe und dem Kalbsfleischragout wurden zudem noch „Gespickter Hirschbraten ‚Förster-Art‘“ zusammen mit Apfelkompott, Kopfsalat und Rahmtunke sowie verschiedene Käsesorten, Butter, Salzbrezeln und Brot angeboten. Die aufgeführten Weine kamen von der Mosel und vom Rhein. Der Wein Liebfrauenmilch aus Worms galt seinerzeit als einer der besten Weine Europas (vgl. Gärtner 2021).

    Abgerundet wurden die Feierlichkeiten schließlich durch die Grundsteinlegung der Turnhalle der Schule an der Schlossstraße durch Regierungspräsidenten Dr. Warsch. Gebaut wurde die Turnhalle jedoch erst 1957, was die Suche nach dem einstigen Grundstein deutlich erschwerte (vgl. Steinbach 2002, S. 5). Zum Abschluss fand ein Festkonzert im Römersaal statt.

    Neben der kommunalen Neuordnung 1969 und der Neubildung der Bürgermeisterei Troisdorf 1899 stellt die Stadterhebung das dritte historische Großereignis der Troisdorfer Stadtgeschichte im 20. Jahrhundert dar. 


    Literatur- und Quellenverzeichnis: 
    • Stadtarchiv Troisdorf, A 2912, Jubiläumsveranstaltung „Stadterhebung 1952“, 1952.
    • Stadtarchiv Troisdorf, A 2914, Jubiläumsveranstaltung „Stadterhebung 1952“, 1951 -1952.
    • Dederichs, M. (2002): Die Geschichte der Stadtwerdung. In: Stadt Troisdorf (Hrsg.), 50 Jahre Troisdorfer Stadtgeschichte. Troisdorf, 6 – 15.
    • Gärtner C. (2021): Die Liebfrauenmilch aus Worms. „So süß wie die Milch unserer Lieben Frau“. URL: https://atlas-der-weinkultur-rlp.de/liebfrauenmilch-markenbildung (zul. abg. 11.03.2024).
    • Ossendorf, K. (2002): …und dann ging alles ganz schnell. Erster Versuch, Stadt zu werden, scheiterte am Zweiten Weltkrieg. In: Stadt Troisdorf (Hrsg.), 50 Jahre Troisdorfer Stadtgeschichte. Troisdorf, 22-29.
    • Ossendorf, K. (2002): Böller künden: Troisdorf ist Stadt. Niveauvolles Fest mit urbanen Flair. In: Stadt Troisdorf (Hrsg.), 50 Jahre Troisdorfer Stadtgeschichte. Troisdorf, 30-39.
    • Schulte, H. (1999): Kleine Geschichte der Stadt Troisdorf. Daten und Fakten. Troisdorf.
    • Steinbach, J. (2002): Was von der Stadterhebung vor 50 Jahren sonst noch zu berichten ist. In: Heimat und Geschichte. Zeitschrift für Mitglieder und Freunde des Heimat- und Geschichtsvereins Troisdorf e.V., 28(09), Troisdorf, 4-5.

     

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6. Fundstück: Schreiben des Architekten Peter Wingen an Gemeindedirektor Mathias Langen (1950)

Schreiben des Architekten Peter Wingen an Gemeindedirektor Mathias Langen vom 14. Februar 1950, Seite 1 (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
Schreiben des Architekten Peter Wingen an Gemeindedirektor Mathias Langen vom 14. Februar 1950, Seite 1 (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

"Es ist ein eingeschossiges Einfamilien-Wohnhaus bestehend aus Küche, 2 Zimmer, Bad und Nebenraum vorgesehen. Das Dachgeschoß wird so konstruiert, daß ein späterer Ausbau von 1-2 Räumen möglich ist." Diese Baubeschreibung stammt nicht aus einem Immobilienprospekt, sondern aus einem Brief des Architekten Peter Wingen an Gemeindedirektor Mathias Langen vom 14. Februar 1950, der heute im Stadtarchiv Troisdorf aufbewahrt wird.

Doch von welchem Haus spricht der Architekt? Wer hatte die Idee, warum wurde es gebaut, wann wurde es eingeweiht und welche Rolle spielte das Glück bei der Frage, wer stolzer Besitzer des Hauses wird?

Diesen Fragen geht Christian Fuchs in unserem neusten, sechsten Fundstück nach und schildert versiert anhand des interessanten Quellenfundes, weiterer historischer Quellen und mit Hilfe von Zeitungsartikeln aus dem Stadtarchiv die besonderen Umstände der Entstehung des besagten Hauses.


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    Per Los zum Haus: Schreiben des Architekten Peter Wingen an Gemeindedirektor Mathias Langen vom 14. Februar 1950

    von Christian Fuchs

    Schreiben des Architekten Peter Wingen an Gemeindedirektor Mathias Langen vom 14. Februar 1950, Seite 1 (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
    Schreiben des Architekten Peter Wingen an Gemeindedirektor Mathias Langen vom 14. Februar 1950, Seite 1 (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

    „Es ist ein eingeschossiges Einfamilien-Wohnhaus bestehend aus Küche, 2 Zimmer, Bad und Nebenraum vorgesehen. Das Dachgeschoß wird so konstruiert, daß ein späterer Ausbau von 1-2 Räumen möglich ist.“ Diese Baubeschreibung stammt nicht aus einem Immobilienprospekt, sondern aus einem Brief des Architekten Peter Wingen an Gemeindedirektor Mathias Langen vom 14. Februar 1950, der heute im Stadtarchiv Troisdorf aufbewahrt wird. Von welchem Haus spricht der Architekt?

    Hintergrund des Projekts ist das 50-Jährige Jubiläum der Gemeinde Troisdorf, das im Jahr 1950 begangen werden soll. Aus diesem Anlass machen sich Unternehmer, Vereine und Bürger Gedanken, wie man dies gebührend feiern könnte. Eine ganz besondere Idee haben die Troisdorfer Handwerker. Sie wollen gemeinschaftlich ein Einfamilienhaus bauen und anlässlich des Gemeindejubiläums verlosen. Allerdings können sie ein Massivhaus aufgrund der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht mehr realisieren. Da hat Architekt Peter Wingen eine Idee. In seinem Brief vom 14. Februar 1950 an Gemeindedirekter Langen schreibt er: „In der Arbeitsausschussitzung am Freitag, den 10.d.M. […] habe [ich] daraufhin in Vorschlag gebracht, für die Errichtung eines Einfamilien-Wohnhauses eine Bauart zu wählen, bei der ein Austrocknen des Rohbaus in Fortfall kommt. Dieser Vorschlag fand begeisterte Zustimmung bei allen Anwesenden und man erteilte mir den Auftrag, die Planung hierzu durchzuführen.“  Das Haus soll Zentralheizung, Anschluss an Strom, Wasser und Gas sowie einen Kanalanschluss haben.

    Im Folgenden kommt Wingen auf seine Bitte an Gemeindedirektor Langen zu sprechen: „Es geht nun darum, kurzfristig die von der Gemeinde zugesagte Baustelle angewiesen zu erhalten und gleichzeitig die Finanzierung zu klären.“ Zur Finanzierung äußert sich Wingen so: „Ich darf Ihnen hierzu folgenden Vorschlag machen: Die Gemeinde-Verwaltung stellt zum Kauf der Materialien gegen Aushändigung eines Anteilsscheines DM 5.000,- zur Verfügung. Die Bauunternehmer und Handwerker erhalten Anteilsscheine für die aufzuwendenden Lohnsummen. Die Anteilsscheine werden nach der Verlosung gegebenenfalls nach einer Versteigerung eingelöst.“

    Wingen hat Erfolg: Gemeindedirektor Langen macht ihm die Zusage für ein Grundstück auf der Heide und gewährt einen Baukostenzuschuss von 5000 DM. Die Kosten sollen später durch den Losverkauf gedeckt werden. Ein Los kostet 2 DM. Auch die Sparkasse unterstützt und gibt einen Kredit von 5000 DM für die Materialkosten. Nachdem am 25. März 1950 die Grundsteinlegung mit Bürgermeister Wilhelm Hamacher, Gemeindedirektor Langen und Obermeister Willi Groß stattfindet, wird das Haus am 6. Mai 1950 eingeweiht.

    Schreiben des Architekten Peter Wingen an Gemeindedirektor Mathias Langen vom 14. Febraur 1950, Seite 2 (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
    Schreiben des Architekten Peter Wingen an Gemeindedirektor Mathias Langen vom 14. Febraur 1950, Seite 2 (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

    Am 13. Mai eröffnet die Heimat- und Leistungsschau, eine große Ausstellung über Troisdorf, seine Geschichte sowie Handwerk, Handel, Gewerbe und Industrie in der Stadt, anlässlich des 50-jährigen Gemeindejubiläums. Besucher und Bürger können dort ein Modell des Handwerkerhauses ansehen und Lose kaufen. Am 14. August 1950 findet schließlich die Verlosung des Handwerkerhauses statt. In den nächsten Tagen melden sich erste Gewinner kleinerer Preise, aber vom Hauptgewinner, der das Haus gewonnen hat, hört man in den folgenden Wochen nichts.

    Wie der Anzeiger für Sieg und Rhein später berichtet, sitzt am 7. September 1950 der Stommelner Elektromeister Plany wie jeden Morgen mit seiner Frau und seiner Tochter am Frühstückstisch und liest die Tageszeitung. Dort steht in einem Artikel, dass sich der Gewinner für das Troisdorfer Handwerkerhaus immer noch nicht gemeldet hat. Wenn dies bis zur nächsten Woche so bleibe, müsse die Verlosung erneut stattfinden. „Wo ist eigentlich unser Los?“, fragt Plany seine Frau. „Ja, das musst Du doch in der Brieftasche haben“, antwortet sie. Darauf er: „Ich? Nein, ich weiß genau, dass ich es Dir an dem Abend mit den Worten gegeben habe: ‚He, he kannste e Hüsge gewenne.‘“ „Ja, dann muss es wohl im Schrank liegen“, sagt die Frau. Und da liegt es auch tatsächlich. „Wie ist die Nummer?“, fragt der Mann. Antwort: „17953“. „Dann hann mir dat Huus gewonne!“, ruft der Elektromeister aus. Die Ehefrau ist sich nicht sicher, da das Los die Nummer 017953 hat; die zusätzliche Null lässt sie zweifeln. Plany setzt sich in den Zug nach Troisdorf, um die Sache zu klären.

    Während er unterwegs ist, reden sich die Verantwortlichen im Troisdorfer Rathaus die Köpfe heiß. Was passiert, wenn der Gewinner des Handwerkerhauses sich nicht meldet? Wie und wann soll dann eine erneute Verlosung stattfinden und welche Probleme wird es dabei geben? In dieser Situation taucht in Zimmer 12 ein Mann im hellen Popelinemantel auf und sagt, er melde sich wegen der Verlosung. Der Beamte sagt: „Na sagen Sie bloß, Sie haben das Haus gewonnen?“ Darauf der Mann: „Doch dat han ich.“ Da entfährt dem Beamten ein „Gott sein Dank!“ Gemeindedirektor Langen wird sofort informiert und beglückwünscht den Gewinner. Der Elektromeister hatte schon in der Vergangenheit ein glückliches Händchen bei kleineren Verlosungen gehabt, aber noch nie so einen großen Gewinn gemacht. Gemeindedirektor Langen und Innungsobermeister Groß führen den Glückspilz zu seinem neuen Haus und überreichen ihm dort feierlich die Schlüssel.

    Doch wie war Plany eigentlich an das Los gekommen? Mit fünf Kollegen besuchte der er auf Einladung der RWE-Gemeinschaft Troisdorf die Heimat- und Leistungsschau in Troisdorf. Am Modellstand des Handwerkerhauses kaufte er ein Los nach dem Motto: „Ob mer et versuffe oder e Los koofe es egal“. Darüber wird er später seine Meinung geändert haben. Seine Wohnverhältnisse waren vor dem Gewinn jedenfalls sehr bescheiden, denn er besaß für drei Personen nur eine Küche und ein Schlafzimmer. Somit hat es anscheinend nicht den Falschen getroffen.

    Wie es nun mit dem Gewinner und seinem Haus weiterging, darüber gibt ein Bericht des Rhein-Sieg-Anzeiger aus dem Jahr 1987 Aufschluss. Plany entschied sich, seinen Elektrobetrieb und seinen Wohnsitz in Stommeln zu belassen und
    das Haus an den Troisdorfer Bürger Josef Mimzeck zu verkaufen. Dieser wohnte mindestens die nächsten 35 Jahre dort
    und war vielen Troisdorfer Bürgern als Steinmetz und Chef der Freiwilligen Feuerwehr bekannt. Somit freute sich am
    Ende doch noch ein Troisdorfer über das Handwerkerhaus als sein neues Zuhause.


    Quellen
    • Stadtarchiv Troisdorf, A 2902, Schreiben des Architekten Peter Wingen an Gemeindedirektor Langen, 14. Februar
      1950.
    • Stadtarchiv Troisdorf, A 2902, Protokoll der Sitzung des Arbeitsausschusses für das Jubiläumshaus 1950, 24. Februar
      1950.
    • Stadtarchiv Troisdorf, A 2902, Aktennotiz über eine Besprechung der Bauhandwerkerinnung, 25. Februar 1950.
    • Stadtarchiv Troisdorf, A 2902, Einladung zur Grundsteinlegung an Gemeindedirektor Langen, 19. März 1950.


    Zeitungsartikel
    • Anzeiger für Sieg und Rhein, Zeitungsbände von Januar bis Dezember 1950.
    • Rhein-Sieg-Anzeiger vom 20./21. Juni 1987


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5. Fundstück: Schmuckblatt zur Verabschiedung der belgischen Streitkräfte in Deutschland (2002)

Das Schmuckblatt zur Verabschiedung der belgischen Streitkräfte in Deutschland (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
Das Schmuckblatt zur Verabschiedung der belgischen Streitkräfte in Deutschland (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

Im April 2001 feierten die in Spich und Altenrath stationierten belgischen Soldaten ihr 50-jähriges Stationierungsjubiläum. Ein Jahr später, am 7. Juni 2002, wurden die belgischen Streitkräfte unter Anwesenheit des belgischen Königs Albert II. und des deutschen Bundespräsidenten Johannes Rau mit einer feierlichen Militärzeremonie unter großer Anteilnahme der Bevölkerung offiziell abgezogen. Bundespräsident Rau verabschiedete die belgischen Truppen und Familien mit den Worten: "Sie gehen nach Belgien zurück. Sie sind und bleiben uns als gute Freunde und Nachbarn immer herzlich willkommen." 

Das fünfte Fundstück, ein Schmuckblatt, das der belgische König dem Troisdorfer Bürgermeister im Rahmen der Verabschiedung schenkte, zeugt von dieser gewachsenen Freundschaft. Dieses Blatt dient Christian Fuchs als Aufhänger, um die zunächst in den Anfangsjahren von Skepsis, dann jedoch zunehmender Partnerschaft, Wertschätzung und Freundschaft geprägten Beziehungen zwischen den belgischen Soldaten und ihren Familienangehörigen auf der einen Seite und der Bürgergesellschaft bzw. der Verwaltung auf der anderen Seite kenntnisreich und detailliert zu schildern.


  • Text zum Lesen

    Schmuckblatt zur Verabschiedung der belgischen Streitkräfte in Deutschland

    von Christian Fuchs

    Das Schmuckblatt zur Verabschiedung der belgischen Streitkräfte in Deutschland (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
    Das Schmuckblatt zur Verabschiedung der belgischen Streitkräfte in Deutschland (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

    „Das Ende der belgischen Streitkräfte in Deutschland“, so steht es auf flämisch und französisch auf dem Schmuckblatt zur Verabschiedung der belgischen Streitkräfte in Deutschland, das heute im Stadtarchiv Troisdorf liegt. Das Blatt zeigt Bundespräsident Johannes Rau und den belgischen König Albert II. bei der Abschiedsparade am 7. Juni 2002 im Militär-Camp Spich, außerdem zwei weitere Fotos der Zeremonie. Auch der Troisdorfer Bürgermeister Manfred Uedelhoven war dort anwesend und erhielt das Schmuckblatt des belgischen Königs später als Geschenk. Weiterhin zeigt das Dokument links oben die Abkürzungen BSD und FBA, was für „Belgische Strijdkrachten in Duitsland“ bzw. „Forces Belges en Allemagne“ steht. Zu sehen ist außerdem eine Briefmarke mit einem Porträt von König Albert II., abgestempelt am 7. Juni 2002. Neben Militärwappen ist auch eine Landkarte abgebildet mit den belgischen Truppenstützpunkten in Deutschland, unter denen auch Spich und Altenrath zu finden sind.

    50 Jahre Belgier in Troisdorf, das waren 50 Jahre des Abtastens, des Austestens von Grenzen, der Verhandlungen, der vorsichtigen Annäherung, der Partnerschaft und schließlich der Freundschaft. Immer wieder von Rückschlägen geprägt, aber eine Zeit, in der beide Seiten den Dialog stets aufrechterhielten und in der man respektvoll miteinander kommunizierte.

    Skepsis in den Anfangsjahren

    Am Anfang war indes noch nicht abzusehen, dass aus Besatzern Freunde werden könnten. Zu frisch waren die Wunden des Zweiten Weltkriegs, als die Belgier 1951 als Besatzungstruppen auf den Schießplatz in der Wahner Heide einzogen. Sie begannen mit dem Bau von Camps in Spich und Altenrath und errichteten eine Siedlung im Wohngebiet zwischen Lohmarer Straße, Taubengasse und der Maikammer, in der später bis zu 7.000 Belgier wohnten.

    Die Bevölkerung begegnete den Neuankömmlingen zunächst mit großer Skepsis, denn für viele Menschen brachte die Präsenz der Belgier Nachteile. Die Bauern fürchteten um ihre Ackerflächen, die teilweise beschlagnahmt worden waren und jetzt auf dem Truppenübungsgelände lagen. Es war unklar, ob diese weiter bewirtschaftet werden konnten. Auch die Industriebetriebe in Troisdorf und Umgebung sahen konkrete Gefahren durch den angrenzenden Truppenübungsplatz. Vor allem die Dynamit AG war alarmiert, da sie Wehrtechnik und Munition herstellte. Wäre es durch Militärübungen zu Explosionen oder einem Brand kommen, so wäre dies bei ihren hochentzündlichen Produkten besonders gefährlich geworden. Ein Kritikpunkt, der alle Bürger etwas anging, betraf den Wert der Wahner Heide als Erholungsgebiet. Jetzt wo die Belgier vor Ort waren, konnte die Bevölkerung nicht mehr ohne weiteres das Gebiet durchwandern.

    Dementsprechend legte die neue Stadt Troisdorf bei der Kreisverwaltung Protest gegen die Einrichtung des neuen Truppenübungsplatzes ein. Bei einer Besprechung 1952 mit dem belgischen Verbindungsoffizier Capitän Commissar Fallise ergaben sich in einigen Punkten Verbesserungen für Troisdorf und die Nachbargemeinden. So wurde beispielsweise das Firmengelände der Dynamit AG aus der endgültigen Grenzziehung des Truppenübungsplatzes herausgenommen. Die Bauern der Region konnten ihre Wiesen und Weiden jenseits der neuen Grenze im Frühjahr düngen und im Spätsommer zur Heuernte benutzen. Ihr Vieh dürfte auf einigen Flächen jenseits der neuen Grenzen unter Beaufsichtigung weiden.

    Erste Schritte zur Annäherung

    Die erwähnten Zugeständnisse der Belgier machten schon in den frühen Jahren erste vorsichtige Schritte zur Annäherung möglich. So nahmen 1954 Mitglieder des gemischten Chores Spich an einer belgischen Feier zum Gedächtnis an Gefallene teil. Im folgenden Jahr zeigten einige belgische Soldaten den Troisdorfern, wie man den Judosport ausübt. Als Deutschland im Frühjahr 1955 in die NATO aufgenommen wurde, waren beste Voraussetzungen geschaffen, dass aus Besatzern Partner werden konnten. Sehr positiv nahm die Bevölkerung die Rückgabe einiger Flächen an Troisdorf und Spich auf, die unter anderem für den Bau des Waldfriedhofs genutzt werden konnten. Ende der 1950er Jahre hatten sich die Bürger von Troisdorf, Spich und Altenrath an die Präsenz der belgischen Streitkräfte gewöhnt.

    Einen positiven Schub für die Beziehungen brachte die Mitte der sechziger Jahre. Ausgangspunkt waren Zugeständnisse der Belgier zur Nutzung der Altenrather Straße und der Heerstraße. Diese sollten durch den Bau eines neuen Weges nicht mehr von Militärfahrzeugen befahren werden. Etwa zur gleichen Zeit organisierte der belgische Kommandant, Oberst Paul Haas, ein belgisch-deutsches Freundschaftsfest. Es fand zum ersten Mal am 18. und 19. September 1965 statt und hatte Tausende Besucher. In der Folge gab es wechselseitige Einladungen von Belgiern und Deutschen. Die Belgier luden deutsche Kommunalvertreter zum belgischen Nationalfeiertag ein und zum Fest der Thronbesteigung. Die Deutschen verschickten Einladungen an die belgischen Kommandeure in Spich und Altenrath zu Gemeinde- und Stadtfeierlichkeiten. Belgische Soldaten nahmen auch an Märkten, Ausstellungen, Sommer-, Herbst- und Nikolausmärkten in Troisdorf teil. Ein weiteres verbindendes Element war das Essen. Die Bürger von Troisdorf und Umgebung lernten Pralinen, Pommes frites und belgisches Bier zu schätzen. Sie dürften mittlerweile auch die Sport- und Freizeitanlagen der Belgier teilweise mitbenutzen und ab 1968 war es ihnen erlaubt, an Wochenenden und Feiertagen das Naturschutzgebiet Wahner Heide zu besuchen. Dazu schloss man einen Mitbenutzungsvertrag. Seit 1969 gehörten Altenrath und Spich zur Stadt Troisdorf. Somit gab es jetzt einen einzigen kommunalen Ansprechpartner für die belgischen Streitkräfte.

    Auf dem Weg zur Freundschaft
    Persönliches Dankesschreiben des belgischen Oberst Reynaert an den Troisdorfer Bürgermeister Uedelhoven (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
    Persönliches Dankesschreiben des belgischen Oberst Reynaert an den Troisdorfer Bürgermeister Uedelhoven (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

    Die 70er, 80er und 90er Jahre verfestigten den eingeschlagenen Weg zu freundschaftlichen Beziehungen. 1973 verlieh die Stadt Troisdorf den belgischen Streitkräften die Standorteigenschaft einer Garnisonsstadt. Im gleichen Jahr fand zum ersten Mal eine Deutsch-Belgische Woche statt mit Konzerten, Kunstausstellungen, Jugendtreffs und Sportwettkämpfen. Fünf Jahre später unterzeichnete Belgier und Deutsche einen Ergänzungsvertrag, welcher der Bevölkerung erlaubte, die Wahner Heide umfangreicher mitzunutzen. Der Kölner Regierungspräsident Franz-Josef Antwerpes verlieh dem belgischen Kommandanten Georges Vermussche 1984 das Bundesverdienstkreuz erster Klasse für seine besonderen Verdienste um die Zusammenarbeit belgischer und deutscher Stellen. Hin und wieder gab es auch kleinere Irritationen im deutsch-belgischen Verhältnis. So fand 1985 ein Besichtigungstermin in der Wahner Heide nicht statt, den die Bundestagsabgeordnete Ingrid Matthäus-Maier (SPD) zusammen mit dem Troisdorfer Bürgermeister Hans Jaax (SPD) vereinbart hatte. Die belgische Seite war gegen die Teilnahme der Troisdorfer Sozialdemokraten. Kurz danach nahm Jaax daraufhin an einem belgischen Regimentsfest in Altenrath nicht teil.

    Doch es überwogen die positiven Begegnungen. 1986 fand wieder die Belgisch-Deutsche Woche statt, die inzwischen längst zur Tradition geworden war. Dabei ehrte Hans Jaax belgische Soldaten, die 20, 25 oder 30 Jahre in Troisdorf wohnten. 1989 begingen die Belgier die Woche der Soldaten. Dabei besuchten der belgische König Baudouin und Königin Fabiola das Camp Spich. Sieben Jahre später war auch das neue belgische Königspaar Albert II. und Paola in der belgischen Kaserne in Spich zu Gast. Zu Besuch waren auch viele Deutsche. Nachdem sich 1999 die Kommandeure Jean-Paul Warnauts und Charles-Henri Delcour in das goldene Buch der Stadt Troisdorf eingetragen hatten, feierten die Belgier im April 2001 ihr 50-jähriges Stationierungsjubiläum mit Paraden.

    Eigentlich sollten die Belgier noch mindestens bis Ende 2004 in der Wahner Heide bleiben. Da die belgische Regierung die Stationierungskosten jedoch mittlerweile als zu hoch empfand, kam das Ende schneller als gedacht. Am 7. Juni 2002 sagte Bundespräsident Johannes Rau bei der Verabschiedung der belgischen Soldaten: „Sie gehen nach Belgien zurück. Sie sind und bleiben uns als gute Freunde und Nachbarn immer herzlich willkommen“. Der belgische König Albert II. verlieh dem Troisdorfer Bürgermeister Manfred Uedelhoven den Titel „Offizier des Kronenordens“. Außerdem erhielt Uedelhoven wenig später ein Dankesschreiben des belgischen Oberst Reynaert, der sich beim Bürgermeister und seinen Mitarbeitern „für die Unterstützung und Hilfe anläßlich der Feierlichkeit am 7. Juni 2002 in Spich“ bedankte.

    Was bleibt von 50 Jahren Präsenz?

    Heute wohnen junge Familien in den inzwischen bunt gestrichenen, sanierten Häusern der belgischen Siedlung zwischen Lohmarer Straße, Taubengasse und der Maikammer. Während das Gelände des Camps Altenrath renaturiert wurde, befindet sich auf dem Gelände des Camps Spich heute ein Gewerbegebiet, wobei einige der ehemaligen Kasernengebäude von Firmen genutzt werden. Die frühere Militärkapelle wurde zur griechisch-orthodoxen Kirche für den Rhein-Sieg-Kreis und im ehemaligen Offizierskasino befindet sich mittlerweile ein Restaurant. An der Taubengasse, Ecke Heerstraße erinnert ein Gedenkstein an die 50-jährige Präsenz der belgischen Soldaten und deren Familien. Damals wie heute ist die Wahner Heide ein beliebtes Ausflugsziel der Troisdorfer Bürger.

    Das Schmuckblatt zur Verabschiedung der belgischen Streitkräfte in Deutschland ist ein Zeitzeugnis für gelungene und gelebte europäische Integration, gutes Miteinander und harmonischem Austausch. Der endgültige Abzug der belgischen Truppen 2004 stellte eine tiefe Zäsur in der Stadtgeschichte von Troisdorf da. Über die Jahre waren familiäre Bindungen entstanden, Freundschaften und viele Spuren im Stadtbild.


    Quellen
    • Schmuckblatt zur Verabschiedung der belgischen Streitkräfte in Deutschland inklusive persönlichem Dankesschreiben des belgischen Oberst Reynaert an den Troisdorfer Bürgermeister Uedelhoven, 2002 (Geschenk an Bürgermeister Uedelhoven, Stadtarchiv Troisdorf, Zeitgeschichtliche Sammlung, 0.1.1e).


    Literatur
    • Dederichs, Matthias: …sie gehen als Freunde, in: Stadt Troisdorf: 50 Jahre Stadtgeschichte, Troisdorf 2002, S. 164-215.
    • Hartung, Ernst-Wolfgang: Die Militärgeschichte der Wahner Heide – Belgische Soldaten hinterließen Spuren, in: Troisdorfer Jahreshefte, Jahrgang 42, Troisdorf 2012, S. 110-113.


    Online-Artikel

     

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4. Fundstück: Aufruf an die Troisdorfer Bürger zur Spendensammlung für Vertriebene, Witwen, Waisen und Kriegsversehrte (1946)

Erste Seite des Aufrufs im Protokoll der Sitzung des Troisdorfer Gemeinderats vom 10.12.1946 (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
Erste Seite des Aufrufs im Protokoll der Sitzung des Troisdorfer Gemeinderats vom 10.12.1946 (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

In den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg war die Not groß in Deutschland. Es gab nicht genug Lebensmittel und viele Menschen hatten "Heimat, Haus, Hof und alle Habe" bzw. Angehörige oder ihre volle Gesundheit verloren. Aus den deutschen Ostgebieten strömten ab 1945 rund 12 Millionen Deutsche als Heimatvertriebene nach Mittel- und Westdeutschland. Diese Menschen galt es materiell und kulturell zu versorgen, zu integrieren und ihnen zu helfen, ein neues Leben aufzubauen.

Bei dem dritten Fundstück, das aus der oben erwähnten Zeit stammt, handelt es sich um einen Aufruf an die Troisdorfer Bürger zur Spendensammlung für Vertriebene, Witwen, Waisen und Kriegsversehrte, der im Protokoll der Sitzung des Troisdorfer Gemeinderats vom 10.12.1946 niedergeschrieben wurde. Diesen Aufruf zum Anlass nehmend, beschreibt Christina Szafranski in ihrem Text sachkundig die Situation der Vertriebenen und geht ferner auf die regionale Kulturpflege der Heimatvertriebenen ein. 


  • Text zum Lesen

    Aufruf an die Troisdorfer Bürger zur Spendensammlung für Vertriebene, Witwen, Waisen und Kriegsversehrte

    von Christina Szafranski

    Zweite Seite des Aufrufs im Protokoll der Sitzung des Troisdorfer Gemeinderats vom 10.12.1946 (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
    Zweite Seite des Aufrufs im Protokoll der Sitzung des Troisdorfer Gemeinderats vom 10.12.1946 (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

    „Uns Deutschen ist der Vorwurf gemacht worden, wir hätten in den vergangenen Jahren Millionen leiden sehen können, ohne zu helfen. Die Völker der Welt kennen unsere Not seit längerer Zeit. Laßt uns ihnen zeigen, dass wir uns der Armen und Elenden erbarmen, soweit es uns erlaubt ist.“[1] Mit diesen Worten endet der Aufruf des Gemeinderates an die Troisdorfer Bürger, in dem eine Sammlung vom 20. bis 27. Dezember 1946 für Vertriebene, Witwen, Waisen und Kriegsversehrten verkündet wird.

    In Folge des Zweiten Weltkrieges wurden ungefähr 12 Millionen Deutsche aus Ostdeutschland und Osteuropa ausgewiesen. Damit handelte es sich um eine der größten Umsiedlungs- und Vertreibungsaktionen in der europäischen Geschichte. Im Juni 1945 begannen die Zwangsaussiedlungen der deutschen Bevölkerung als wilde Vertreibung, bis während der Konferenz von Potsdam im August 1945 die Umsiedlung durch drei Siegermächte (USA, Sowjetunion und Großbritannien) geregelt wurde.

    Erste Seite des Aufrufs im Protokoll der Sitzung des Troisdorfer Gemeinderats vom 10.12.1946 (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
    Erste Seite des Aufrufs im Protokoll der Sitzung des Troisdorfer Gemeinderats vom 10.12.1946 (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

    Der Aufruf erinnert an die, die „Heimat, Haus, Hof und alle Habe verloren [haben], in neuster Zeit sind wieder viele aus ihrem Heim vertrieben [worden]“.[2] Gesammelt werden sollen lebensnotwendige Spenden, wie beispielsweise Kleidung, Möbel oder Lebensmittel. Kurz vor Weihnachten wird appelliert: „Öffnet Euer Herz der Not!“[3]

    Nach der Erstversorgung war es eine zentrale Aufgabe der verantwortlichen Einrichtungen, Voraussetzungen für die Eingliederung der Vertriebenen in die neue Heimat im gesellschaftlichen und kulturellen Bereich zu schaffen und zu fördern.

    § 96 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) von 1953 ordnete die Pflege des Kulturgutes der Vertriebenen an. Ziel der kulturellen Förderung war einerseits die Förderung der Gemeinschaft und andererseits die Zusammenführung von Vertriebenen und Einheimischen zum „besseren Verständnis“.[4] Den Vertriebenen sollte außerdem ermöglicht werden, die Traditionen aus der alten Heimat weiterzuführen und diese zu erhalten.

    Der Plan für die kulturelle Betreuung der Vertriebenen vom Mai 1960 sah in Troisdorf verschiedene Veranstaltungen vor: Der Bund der Vertriebenen (BdV), Ortsgruppe Troisdorf, wollte im Dezember 1960 einen Musik- und Theaterabend veranstalten;[5] die BdV- Frauengruppe Troisdorf im Juli 1960 einen Heimatabend mit Vorträgen und Lichtbildern über die deutschen Ostgebiete,[6] im September 1960 einen Hausmusikabend[7] sowie im Dezember 1960 eine Adventfeier.[8]

    Bis heute erinnert der BdV, Kreisverband Rhein-Sieg, mit Veranstaltungen zum Tag der Heimat im September an die Vertriebenen, deren Schicksal und ihre Aufbauleistung. Traditionell wird auf dem Troisdorfer Waldfriedhof eine ökumenische Andacht gehalten und ein Kranz niedergelegt.[9]

    Die Quellenlage im Stadtarchiv zu dem Thema Vertreibung ist überschaubar. Sollten sich noch persönliche Dokumente zu diesem Thema in Ihrem Besitz befinden, die Sie zur Verfügung stellen möchten, bitten wir Sie sich beim Stadtarchiv zu melden.


    Quellennachweise
    • [1] Stadtarchiv Troisdorf, A 663, Protokoll der Sitzung des Troisdorfer Gemeinderats vom 10.12.1946, S. 340. 
    • [2] Stadtarchiv Troisdorf, A 663, Protokoll der Sitzung des Troisdorfer Gemeinderats vom 10.12.1946, S. 339.
    • [3] Ebd.
    • [4] Stadtarchiv Troisdorf, A 183, S. 43.
    • [5] Stadtarchiv Troisdorf, A 183, S. 11.
    • [6] Stadtarchiv Troisdorf, A 183, S. 32.
    • [7] Stadtarchiv Troisdorf, A 183, S. 12.
    • [8] Ebd.
    • [9] „Tage der Heimat 2017“, in: Newsletter der Stadt Siegburg, online unter URL: https://siegburg.de/stadt/newsletter-/nl/79360/newsletter.html (eingesehen am 23.04.2018).
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3. Fundstück: Analoge Sofortbilder aus dem Ordnungsamt

Das Stadtarchiv bewahrt viele alte Polaroidaufnahmen aus früheren Ermittlungen des Ordnungsamtes (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
Das Stadtarchiv bewahrt viele alte Polaroidaufnahmen aus früheren Ermittlungen des Ordnungsamtes (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

Bei dem dritten Fundstück handelt es sich um analoge Sofortbilder aus dem Ordnungsamt der Stadtverwaltung Troisdorf. Diese Polaroid Bilder blieben bei der archivischen Bewertung, Entleerung und Vernichtung von Unterlagen und Aktenordnern aus dem Ordnungsamt im Sommer 2017 zunächst zurück.

Fasziniert von diesen Aufnahmen, die verschiedene Ereignisse und Geschehnisse im Rahmen der alltäglichen Arbeit des Ordnungsamtes in variierenden Kontexten zeigen, entwickelten unsere damaligen Praktikant*innen Maria Klefke und Roman Haenßgen in einem kreativen Schreibprozess aus jeweils sechs ausgewählten Fotos zwei Kurzgeschichten. 

Die Bildquellen, die hier als Sofortbilder und kurzlebige Informationsträger im Rahmen des Aktenzusammenhangs und der Vorgangsbearbeitung einer funktionalen Verwertung unterlagen, gerieten so in einen anderen Kontext, wurden folglich zur Grundlage von Story Telling.


  • Text zum Lesen

    Analoge Sofortbilder aus dem Ordnungsamt

    von Antje Winter

    Das Stadtarchiv bewahrt viele alte Polaroidaufnahmen aus früheren Ermittlungen des Ordnungsamtes (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
    Das Stadtarchiv bewahrt viele alte Polaroidaufnahmen aus früheren Ermittlungen des Ordnungsamtes (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

    Archive sammeln und verwahren Bilder aus sehr unterschiedlichen Zusammenhängen und Beweggründen. Zu letzteren gehört es, das historische Stadtgeschehen abzubilden oder auch die Gegenwart fotografisch zu dokumentieren.

    Was liegen hier für Bilder vor? Es sind Einzelbilder, die aus dem Zusammenhang gerissen sind. Sie haben Spuren wie Tacker- und Abheftlöcher, aber auch Beschriftungen blieben und sind sichtbar. Es sind Fotos, die mit dem damaligen und auch heutigen Blick Emotionen hervorrufen: Leidende Tiere, kaputte Autos, Einbruchspuren, gewollte Zerstörungen oder Schmierereien. Sie dokumentieren zugleich die konkrete, die alltägliche Arbeit des Ordnungsamtes der Stadt. Sie wurden angefertigt, um schnell und anschaulich zu informieren. Letztlich illustrieren sie die immer wieder und in variierenden Kontexten vorkommenden Ereignisse.

    Idee
    Roman Haenßgen und Maria Klefke bei ihrer Arbeit im Stadtarchiv (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
    Roman Haenßgen und Maria Klefke bei ihrer Arbeit im Stadtarchiv (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

    Bei der Bewertung, Entleerung und Vernichtung von Aktenordnern aus dem Ordnungsamt der Stadt Troisdorf im Sommer 2017 blieben die verblassten Polaroid Bilder zunächst zurück. Fasziniert waren wir - die beiden Praktikanten Maria Klefke und Roman Haenßgen sowie die Archivarin Winter - von der Fülle und Vielfältigkeit der alten analogen Fotos.

    Die Vieldeutigkeit macht die Bilder spannend und regte uns, sammelnd, vergleichend und interpretierend tätig zu werden. Eine Idee war entstanden: Warum sollen die Aufnahmen nicht Teil der Rubrik „Fundstücke“ auf den städtischen Internetseiten bzw. dem Angebot des Stadtarchivs werden? Denn dort ist absichtlich nicht nur von „Archivalien“ die Rede.

    Geschichte? Geschichten!

    Und Bilder können helfen, eines zu tun: Geschichte(n) zu rekonstruieren, zu erzählen, Narrationen zu entwickeln und zu hinterlegen. Sie sind Kristallisationspunkte mit hohem Wiedererkennungswert und – häufig als Ikonen – auch Identifikationsmöglichkeiten, sind schnell wahrnehmbar und rezipierbar. Zugleich verblassen ihren Farben, verschwinden die Zuordnungen oder die Fotos werden kassiert, also vernichtet.

    Mutig, aber doch kreativ kann es sein, aus sechs selektierten Fotos Geschichten zu entwickeln, die – auch vor dem Hintergrund der nötigen Anonymisierung und Distanz zum Überlieferungszusammenhang der Akte bzw. des Vorganges – etwas Neues schaffen. Bildquellen, die hier als Sofortbilder und kurzlebige Informationsträger einer funktionalen Verwertung unterliegen, geraten so in einen anderen Kontext, werden zur Grundlage von Story Telling.

    Historische Bildungsarbeit

    Archive beschränken sich nicht auf Aufbewahrung und Information. Sie sind aufgerufen, z.B. vermittels einer ausdifferenzierten Bildungsarbeit das Interesse der jüngeren Generation für Vergangenes, Prägendes, aber auch die Veränderbarkeit von Vorhandenem zu wecken und aufrechtzuerhalten. Daher wird die Verfasserin die Sofortbilder für weitere Projekte mit Schulklassen nutzen. Spannende Geschichten können so aus vermeintlichen Abfallprodukten entstehen. Die Voraussetzungen für spannende Geschichtsarbeit sind gegeben: Dekontextualisiertes, authentisches Bildmaterial schafft Anlässe, sich mit der fotografischen Überlieferungsform, ihren Spezifika, aber eventuellen Vorzügen und Nachteilen auseinanderzusetzen. Kritisches (Geschichts-) Bewusstsein bei den Schülerinnen und Schülern kann wachsen, wenn die Bildquellen be- und hinterfragt werden, wenn Sensibilität für ihren Entstehungs-, Verwendungs- und neuen Gebrauchszusammenhang entsteht. In Zeiten überbordender, kaum kritisch beäugter und kanalisierter Informationsfülle digitaler Provenienz kann das Beispiel der Bildquelle helfen zu verdeutlichen, dass auch Fotos keine Wirklichkeit – oder auch nur selektiv – abbilden und selbst diese immer auch eine Konstruktion darstellt.




    Geschichte „Auf der Flucht“

    von Maria Klefke

    Polaroidfotos zur Geschichte „Auf der Flucht“ (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
    Polaroidfotos zur Geschichte „Auf der Flucht“ (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

    Plötzlich schreckte ich aus meinem Halbschlaf auf und saß kerzengerade auf meiner Liege im Garten. Ein lauter Tumult kam aus dem Haus meiner Großmutter. Ich stand auf und ging in Richtung des Hauses um herauszufinden, was diesen Lärm verursachte. Man konnte Großmutter `Raus hier´ schreien hören und irgendetwas krachte mit voller Wucht auf Holz. Ich stand direkt in der Flucht von der Gartentür, die sich direkt neben einem Fenster befand, und sah wie eine schwarze, mir unbekannte, Katze, die von unserem Schäferhund verfolgt wurde, auf die Gartentür zu rannte. Die Beiden wurden von meiner Großmutter, die mit einer Bratpfanne herumfuchtelte, verfolgt. Unser Hund hatte die Katze schon fast eingeholt, als sie eine scharfe Wendung machte, auf den Tisch sprang und von dort aus über die Fensterbank aus dem Fenster neben der Gartentür entfloh. Die Katze blickte sich gelassen um, als sei ihr bewusst, dass unser Hund ihr nicht durch das Fenster folgen konnte. Auf einmal hörte ich ein lautes Klirren. Die Glasscheibe der Gartentür zerbrach. Ich hörte meiner Großmutter fluchen. Später erfuhr ich von ihr, dass die Katze bei ihrem Sprung auf den Tisch die dickgefäßige portugiesische Keramikvase umgeworfen hatte und diese vom Tisch gefallen und mit voller Wucht gegen die Glasscheibe geprallt war. Wie die Vase dies unversehrt überstehen konnte, fragen wir uns noch heute.

    Unser Hund sah währenddessen eine Möglichkeit, nach draußen zu gelangen. Er rannte mit rasender Geschwindigkeit auf die Tür zu. Meine Großmutter und ich schrien beide, um ihn aufzuhalten, aber wird waren erfolglos. Glücklicherweise sprang er geschickt durch das zerbrochene Glas, ohne sich dabei zu verletzen. Die Katze hatte dies wohl nicht erwartet, sie gab einen kreischenden Ton von sich und floh.

    So begann die Verfolgungsjagd auf ´s Neue. Die Beiden rannten durch den Garten und warfen hier und dort Blumentöpfe um, die sofort zerschlugen. Auch die Blumenbeete wurden nicht verschont. Ich beobachtete das Geschehen und war viel zu perplex, um auch nur im Geringsten in das Geschehen einzugreifen. Meine Großmutter trat fluchend neben mich, immer noch die Pfanne in der Hand. Beide versuchten wir nun, unseren Hund mit harschen Worten zu beschwichtigten; als das nicht half, versuchten wir, uns ihm in den Weg zu stellen, um ihn davon abzuhalten, die Katze zu fangen. Doch unsere Bemühungen blieben erfolglos.

    Nun rannten beide einmal um die Planschbecken herum und dann in Richtung unseres Nachbarn auf dessen hohe Thujenhecke zu. Die Katze schlupfte geschickt durch ein kleines Loch in der Thujenhecke. Unser Hund ließ sich von der Größe des Loches nicht beeindrucken und sprang hinter ihr her. Er hinterließ ein weitaus größeres Loch in der Hecke als zuvor. Das würde unserm Nachbarn bestimmt nicht gefallen.

    Jetzt nahm ich die Verfolgung auf. Ich rannte quer durch den Garten und sprang über den Zaun zur Straße hin und wollte gerade durch das Tor unseres Nachbarn gehen, als ich sah, dass die Beiden sich mittlerweile auf der Straße befanden. Die schwarze Katze hatte sich auf einen Berg von Müll gerettet und verteidigte sich mit ihren Krallen, während unser Hund den Müllberg langsam aber sicher auseinander nahm und eine große Verschmutzung verursachte. Ich hatte die beiden fast erreicht, als er ihr wohl zu nah kam und sie erneut die Flucht ergriff. Diesmal rannte sie in die Richtung, aus der wir gekommen waren.

    Ich verfolgte sie bis zum Haus meiner Großmutter. Die beiden waren auf der Straße, die auf die Felder führte. Ich war zu Fuß viel zu langsam. Daher holte ich mir mein Fahrrad aus dem Garten. Erschreckt musste ich verstellen, dass die beiden außer Sichtweite waren. Daher entschloss ich mich einfach der Straße stadtauswärts zur folgen.

    Es dauerte nicht lange und ich war von bestellten Feldern und Wiesen, auf denen Schafen weideten, umgeben. Die Straße außerhalb der Stadt machte viele scharfe Kurven. Sie war recht schmal und man musste aufpassen, dass man nicht mit dem Gegenverkehr zusammen stieß. Hier draußen ist eigentlich nie viel los. Es ist ruhig, die Vögel zwitschern und ab und zu hört man ein Schaf mähen. Ich führ an mehreren Schafwiesen vorbei. Die Tiere lagen ruhig im Gras und beobachteten mich mit Desinteresse. Es schien nicht so, als sei hier etwas Ereignisreiches, wie ein Hund, der eine Katze verfolgt, geschehen. Mit der Zeit bezweifelte ich, dass die Beiden sich auf der Straße befinden würden, schließlich war es sehr gut möglich, dass die Beiden jederzeit von der Straße auf ein Feld gerannt waren.

    Unerwartet hörte ich ein lautes Poltern. Voller Sorge radelte ich noch schneller als zuvor auf die Geräuschquelle zu. Hinter einer scharfen Kurve sah ich einen Obsttransporter des Bauers Tiede, der auf einem Feld neben der Straße stand. Der Bauer Tiede stieg gerade aus der Fahrerkabine und schimpfte vor sich hin. Erst jetzt fiel mir auf, dass die Heckklappe des Obsttransporters auf gegangen war und die frisch gepflückten Äpfel auf der Wiese verteilt lagen. Er sah mich wütend an und fragte mich „Das ist doch dein verrückter Hund, der die Gegend hier unsicher macht?“ Ohne auf die Frage einzugehen fragte ich ihn, was passiert sei und ob er verletzt sei. Letzteres verneinte er und er gab an, dass aus dem Nichts eine Katze und ein großer Schäferhund um die Ecke auf das Feld gehetzt waren und er in plötzlich in die Bremsen treten musste. Dabei habe sich die Heckklappe des Transporters geöffnet und die Äpfel rutschten raus. „Nun ist die ganze Arbeit für einen Tag hin“, sagte er seufzend und blickte auf die auf der Wiese verteilten Äpfel. Ich entschuldigte mich bei ihm für das Verhalten unseres Hundes und er winkte ab, „Unser Hund hat auch schon viele dumme Sachen angestellt.“ Seine Wut schien nach dem ersten Schock verpufft zu sein. Er fügte an: „Die beiden sind von der Straße direkt hier aufs Feld gerannt, und von hier aus dort rüber.“ Er zeigt quer über das Feld. „Wenn du dich beeilst, hast du vielleicht Glück und findest sie, bevor noch etwas Schlimmeres passiert.“ Ich sagte ihm, dass ich ihn unmöglich allein lassen könne, doch dies schlug er hab: „Mach dir keine Sorgen um mich. Geh nur.“

    Verunsichert führte ich meine Suche fort. Doch sie sollte erfolglos bleiben. Nach langer Suche machte ich mich auf den Heimweg. Der Obsttransporter des Bauern Tiede war nicht mehr dort nur noch die Äpfel lagen auf dem Feld und erinnerten an den Vorfall. Besorgt und unzufrieden kehrte ich zum Haus meiner Großmutter zurück. Jemand hatte eine Plastikplane vor die kaputte Glasscheibe geklebt. Ich entschloss mich, das Fahrrad in den Garten zustellen und dann vorne in das Haus zu gehen. Die Gartentür wollte ich nicht weiter strapazieren. Ich klingelte und gleich darauf hörte ich das so gewohnte und geliebte Bellen unseres Schäferhundes, der zur Haustür gerannt war. Na dann war ja alles gut.


    Geschichte „Verschwörung an der Sieg?“

    von Roman Haenßgen

    Polaroidfotos zur Geschichte „Verschwörung an der Sieg?“ (Bild: Stadtarchiv Troisdorf) 
    Polaroidfotos zur Geschichte „Verschwörung an der Sieg?“ (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

    Das mit dem sizilianischen Flair hatte er sich anders vorgestellt. Vor Wut schnaubend ging der Verwalter der Stadt in seinem Büro auf und ab. In der Stadt häuften sich Beschwerden. Vor ihm standen die Vertreter der Stadtwerke, örtlichen Polizei und des Ordnungsamtes. „Wenn wir jetzt nichts unternehmen, wird der Ruf unserer Stadt auf Dauer beschädigt sein. Der Müll stapelt sich in den Straßen und die Bauarbeiten auf den lokalen Baustellen werden nicht angefangen. Gegen uns wirkt, wenn das so weitergeht, Neapel sauber und organisiert“ sagte der Verwalter.

    Als sie heute Morgen den Anruf aus dem Rathaus bekam, dass sie sich heute Mittag im Büro des Verwalters einzufinden hat, hatte sie bereits keine Lust mehr auf diesen Tag gehabt. Das es momentan Probleme mit der Müllbeseitigung an einigen Stellen der Stadt gab, stritt sie gar nicht ab und auch an mancher Baustelle ließ das Tempo zu wünschen übrig, doch ist das was Ungewöhnliches? Sie sollte gar nicht hier sein,  denn wilder Müll und langsame Bauarbeiten waren die Probleme der Stadtwerke, der Kommunalpolitik und des Ordnungsamtes und nicht der Polizei. Leider waren der Verwalter und die lokalen Medien der kruden Theorie verfallen, dass es sich bei der ganzen Geschichte um eine groß angelegte Verschwörung gegen die Stadt handele. Nur wer genau dahinter stecken solle, darüber war man sich uneins. Jeder schien seine eigene Theorie zu haben, welche ihre Unwahrscheinlichkeit nur noch durch ihre Absurdität übertrafen. Ihren Favoriten unter diesen Theorien hatte sie vor zwei Tagen durch einen Kollegen mitgeteilt bekommen. Er sagte, es hätten sich bei der Polizei Leute gemeldet, welche dies alles für Vorbereitungen für eine baldige Alien-Invasion sahen. Dagegen wirkte die Theorie des Verwalters von einer Verschwörung der Opposition richtig einfallslos, welche er just in diesem Moment wieder auftischte. Deshalb hörte sie nicht zu, sondern blickte nur teilnahmslos aus dem Fenster. „Langweile ich Sie, Frau Kommissarin?“ riss der Verwalter, welcher anscheinend von dem Stadtwerke Mann abgelassen hatte, sie wieder in das Büro zurück. „Ehrlich gesagt tun Sie das wirklich, Herr Verwalter“, entgegnete sie ihm. „Sie werden nicht mehr so arrogant sein, wenn Sie unsere Beweise gesehen haben!“

    Das soll wohl ein schlechter Scherz sein! Beweise hatte er gesagt! Und was war in dem Umschlag drin, den der Mitarbeiter vom Ordnungsamt ihr übergeben hatte? Drei Fotos. Anstatt nun endlich den Fall abzuschließen, wurde sie von ihren Vorgesetzen angewiesen diesen „Spuren“ nachzugehen. „Allzu beschäftigt kann die Polizei wohl nicht sein, wenn sie Leute für sowas abstellen kann“, hatte sie ihrer Chefin entgegen geworfen. Diese sagte nur: „Sie plädieren doch immer für mehr Bürgernähe und Transparenz, also gehen Sie los und nehmen die Sorgen und Ängste der Bürger auf und beruhigen sie, bevor es die neugegründete Liga zur Verteidigung der Stadt gegen außerirdische Invasoren macht. Also finden Sie raus, was hier los ist, damit dieser Spuk ein Ende findet“.

    Sie betrachte das erste der drei Bilder, es war eine schlechte Photographie. Doch obwohl das Bild verwackelt war, erkannte man, dass ein Haufen Stroh oder ähnliches zwischen ein paar Bäumen lag. Als sie die Stelle gefunden hatte, stapfte sie eine halbe Stunde durch den Haufen auf der Suche nach Hinweisen auf eine Verschwörung der Opposition oder von sonst wem. Problematisch war jedoch, dass sie auch gar nicht wusste, wonach sie suchte. Als sie den Ort  verließ, war das einzige Ergebnis, dass sie dreckige Schuhe hatte. Sie schlug gegen das Lenkrad ihres Wagens, „was für eine Verschwendung meiner Lebenszeit“.

    Das zweite Bild zeigte lediglich mehrere Paletten mit Steinen, welche auf einem Parkstreifen standen. Es war eine Notiz des Verwalters beigefügt. „unverhältnismäßige Verzögerung bei Bauarbeiten deuten auf Beteiligung von innerhalb der Kommunalpolitik vernetzten Personen hin. Ziel Schädigung des Rufes der Stadtregierung und vor allem des Bürgermeisters“. Als Frau Meyer in ihrem Wagen saß überlegte sie, ob dem Verfasser dieser Notiz irgendwie bewusst werden kann, dass momentan er selbst seinem Ruf am meisten schadete.

    Als sie an der genannten Straße ankam war jedoch kein Stapel Steine mehr zu sehn. Dafür sah der Bürgersteig wie neu aus.

    Der letzte der drei angeblichen Tatorte, welche die Mitarbeiter des Ordnungsamtes fotografiert hatten, befand sich in der Innenstadt. Zwar hatte sie diese Mauer aus gelben Säcken gesehen. Doch sie war in keinster Weise auf diesen Anblick vorbereitet und vor allem nicht auf den Gestank. Es schien fast so, als ob jemand versuchen würde, die Straße durch einen Wall abzuriegeln. Ein Wall aus Müll. „Nun muss man nur noch den Burgherren finden“, murmelte Sie. In diesem Moment flog von der Hinterseite ein weiter gelber Sack auf das Gebilde und löste ein Rutschen der anderen Säcke aus. „Da haben wir ihn ja“, sagte sie, als sie eine Gestalt hinter den Säcken erkannte. Die Gestalt drehte sich sofort um und rannte los, als sie merkte, dass sie nicht alleine war. In der Eile entschied sich Frau Meyer dafür den kürzeren Weg über die Säcke zu nehmen, anstatt herum zu laufen. Eine totale Fehlentscheidung, wie sie feststellte, als die Säcke nachgaben und sie bis zur Hüfte im Müll stand. Das obligatorische „Stehen bleiben Polizei“ verlor dadurch einiges an seiner Wirkung. Als sie sich aus dem Müll befreien konnte, sah sie die Gestalt, um die nächste Ecke verschwinden.

    Kurze Zeit später erklang das unschöne Geräusch eines Motors, welcher nicht ganz freiwillig zum Starten gebracht wurde. Als sie um die Ecke gebogen war, erblickte sie ein rotes Auto, welches weg fuhr. Der aufkommende Ärger wich jedoch schnell, als sie die breite Ölspur auf der Straße entdeckte. Der würde nicht weit kommen und war somit im näheren Umkreis zu suchen. Ihr erster Impuls war es, die Verfolgung aufzunehmen. Doch wer auch immer das gewesen war, er hatte nur seinen Müll ordnungswidrig abgelegt. Kein Grund für weitere Überstunden. Außerdem wurden sowohl sie selbst als auch ihre Kleidung für diesen verrückten Fall heute schon genug beansprucht. Es war genug für heute.

    „Selbst die Polizei versinkt im Müll“ prangte auf dem Titelblatt der Zeitung, da drunter war Frau Meyer zwischen den Müllsäcken abgebildet. Wer hatte dieses Foto geschossen? Weiter unten war ein schemenhafter Umriss abgebildet. Über dem Bild wurde gefragt: „Wer ist dieser unbekannte Flüchtige?“ Ihr Telefon hielt sie davon ab, noch intensiver über die Tarnfähigkeit von Lokalreportern nachzudenken. „Der Verwalter will sie sprechen“.

    „Während sie sich öffentlich blamiert haben, habe ich den Fall auch ohne ihre Hilfe alleine gelöst“ begrüßte sie der Verwalter. „Haben Sie den Oppositionsführer in der Zeitung erkannt, Herr Verwalter?“ „Nein…“, begann der Bürgermeister triumphierend. „Ich habe Oppositionsführer Hinz…“. Sein Grinsen verschwand und sein Gesicht nahm einen Ausdruck von Verwirrung an „… in der Zeitung als den Flüchtigen erkannt. Woher wussten Sie das?“

    „Nennen wir es einfach Intuition“, sagte die Kommissarin, als sie Kopf schüttelnd das Büro verließ. Von wo aus ihr noch nachgerufen wurde: „Dann nehmen sie ihn fest. Er ist eine Gefahr. Nicht nur für die Stadt, sondern für die nationale Sicherheit.“ Sie war fast aus dem Rathaus heraus, als sie gerufen wurde. „Frau Kommissarin Meyer, ich weiß, wer der Unbekannte ist“ rief der Oppositionsführer.

    Sie müsste dringend den Unbekannten erwischen, um diesen Wahnsinn zu beenden. Während sie zur Stelle fuhr, wo sie das rote Auto verloren hatte, erklang im Radio:

    „Während Stadtregierung und Opposition sich gegenseitig für den Verfall innerhalb der kommunalen Aufgaben verantwortlich machen, glauben 60% der Befragten, dass es sich bei den Urhebern um außerirdische Reptiloiden handelt. Bei mir ist heute Günther Olaf, erster Vorsitzende der Liga zur Verteidigung der Stadt gegen außerirdische Invasoren. Herr Olaf, wie kommen Sie dazu zu behaupten, dass die Stadt kurz vor einer Invasion der Reptiloiden steht?“

    „Erstmal guten Tag, ich muss Sie darauf hinweisen, dass wir seit kurzem so viele Mitkämpfer aus aller Welt hinzugewonnen haben, dass wir uns zur Liga zur Verteidigung der Erde gegen die Reptiloiden umformiert haben (LVEgR). Wir stehen nicht kurz vor der Invasion, sie hat bereits begonnen. Dafür gibt es klare Vorzeichen: Kommunale Bauprojekte dauern länger und werden teurer. Der wilde Müll steigt an. Wie soll man das denn anders erklären, als durch interstellare Einflussnahme. Die Führer der Welt, wie der Kanzler, sind eigentlich getarnte Reptiloiden und bereiten seit Jahren ihre Invasion vor, wie allgemein bekannt ist!“

    „Sind also unsere kommunalen Politiker Aliens?“

    „Unsere führenden Alien Experten gehen davon aus, dass die Reptiloiden in der Stadt einen viel raffinierteren Plan verfolgen. Sie sorgen für Verwirrung und beobachten getarnt unser Verhalten in Krisensituationen, um ihre Invasionspläne an unser Verhalten anzupassen. Aber wir haben sie entdeckt, diese Monster haben sich als süße Katzen getarnt. Deshalb haben wir überall Bekanntmachungen aufgehängt, um sie zu finden.“

    Frau Meyer schaltete das Radio aus. Sie war da. Der Spur konnte sie bis zu einem Garten folgen, in dem zwei Personen gerade das Auto reparierten. Als sie angekommen war, setzte sie den Flüchtigen vom Vortag fest. Auf die Frage, warum er seinen Müll auf den Haufen schmiss statt in die Tonne, antwortete dieser nur: „Die Tonne war weiter weg und muss rausgestellt werde. Dachte, ein weiterer fällt schon nicht auf“.

    Mit ihm auf dem Rücksitz fuhr die Kommissarin Richtung Rathaus. Doch sie wusste, dass es schwer sein würde, die Stadt davon zu überzeugen, dass es das Fehlverhalten einzelner Bürger war, dass das Chaos auslöste und keine großangelegte Intrige oder Invasion. Es ist so viel einfacher die Schuld bei anderen zu suchen, als bei sich selbst.

    Günther Olaf hängt bis heute noch Zettel in der Stadt  auf, mit denen er nach Katzen sucht, um sie als Reptiloiden zu enttarnen. Die Zettel überschreibt er mit WANTED, Gesucht oder Vermisst.

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2. Fundstück: Protokoll des Eifelvereins Ortsgruppe Troisdorf (1930)

Erste Seite des Protokollbuchs (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
Erste Seite des Protokollbuchs (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

Der Eifelverein ist mit seinen 23.000 Mitgliedern und 160 Ortsgruppen (2021) einer der größten Wandervereine in Deutschland und erfreut sich damals wie heute viel Zuspruch von Wanderfreunden. Neben dem Wandern fühlt sich der Verein laut Satzung auch der Pflege des heimischen Brauchtums, dem Denkmalschutz und der Denkmalpflege in besonderer Weise verpflichtet.

Wie in vielen anderen Orten, kam es in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch in Troisdorf zur Gründung einer Ortsgruppe. Anhand des zweiten Fundstücks, dem Protokollbuch der Ortsgruppe Troisdorf des Eifelvereins, zeigt Selina Pohl in ihrem Text kenntnisreich die Gründungsgenese der Troisdorfer Ortsgruppe im Jahre 1930 sowie die weitere Geschichte und Entwicklung der Ortsgruppe bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges auf.


  • Text zum Lesen

    Das Protokollbuch des Eifelvereins Ortsgruppe Troisdorf 1930 e.V.

    von Selina Pohl

    Erste Seite des Protokollbuchs (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
    Erste Seite des Protokollbuchs (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

    „Auf Anregung des Kölner Eifelvereins wurde am 29. Juni 1930 zum Waldrestaurant Ravensberg eine Versammlung einberufen zwecks Gründung einer Ortsgruppe des Eifelvereins“ in Troisdorf. So ist es im ersten Eintrag des Protokollbuches vermerkt worden.

    Die Idee des Eifelvereins war jedoch viel älter. Sie stammt von Adolf Dronke, der die Gründung des Vereins 1888 in Bad Bertrich initiierte, um der Eifler Bevölkerung zu helfen, die aufgrund der zurückgehenden Eisenindustrie und Landwirtschaft unter Armut litt.

    Die eigentliche Gründung der Ortsgruppe Troisdorf erfolgte jedoch erst am 2. August 1930 nach einer weiteren Sitzung, in welcher eine vorläufige Satzung erarbeitet und die Ziele des Vereins festgelegt wurden. Als Ziele sind die „Erschließung unseres schönen Heimatlandes durch Schaffung schöner Wanderwege“, sowie die „Hebung unserer Gesundheit durch zielbewußtes wandern“ zu nennen. Allerdings konnten in den Anfängen des Eifelvereins nur Personen, die aus der Eifel stammten, Mitglied werden. Diese Regelung wurde erst im Jahr 1945 aufgehoben, sodass der Verein für alle Bürger offen war.

    Da die Geschichte des Eifelvereins Ortsgruppe Troisdorf jedoch recht facettenreich ist, konzentrieren sich die Ausführungen auf den Zeitabschnitt zwischen der Entstehung des Vereins und seiner Genese bis zu Ende des Zweiten Weltkrieges.

    Bei der ersten Versammlung der Ortsgruppe Troisdorf trugen sich 30 Personen in die Mitgliederliste ein. Des Weiteren wurde der Jahresbeitrag für die Vereinsmitglieder auf 6 Reichsmark festgelegt. Über diese Versammlung berichtete auch die Zeitung und machte damit indirekt Werbung für den Verein. Da jedoch bereits bei der nächsten Sitzung am 21. November 1930 auffiel, dass nicht alle Mitglieder ihren Beitrag pünktlich bezahlten, machte der erste Vorsitzende deutlich, dass „Mitglieder welche mehr als 2 Monate mit der Beitragszahlung im Rückstand sind, aus der Mitgliederliste gestrichen werden können.“

    In einem Wanderplan wurden jeweils die monatlich stattfindenden Wanderungen bekanntgegeben. So steht auch die erste Wanderung der Ortsgruppe Troisdorf in dem Wanderplan der Jahre 1930 bis 1933. Sie fand am 24. August 1930 statt und führte durch die Wahner Heide. Einem diesbezüglichen Zeitungsartikel ist zu entnehmen, dass der erste Vorsitzende an mehreren Stationen des Weges Vorträge hielt. Solche Vorträge wurden von den Vereinsmitgliedern regelmäßig zu verschiedenen Themen gehalten. Im Protokollbuch wird dabei besonders der Vortrag vom 11. Oktober 1930 lobend erwähnt, bei dem der Vortragende in „schöner und poetischer Weise die Ahr von der Quelle bis zur Mündung“ beschrieb und seinen Vortrag mit Lichtbildern veranschaulichte.

    Einladung zur Nikolausfeier im Gründungsjahr 1930 (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
    Einladung zur Nikolausfeier im Gründungsjahr 1930 (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

    Eine Tradition des Eifelvereins Ortsgruppe Troisdorf wurde das Ausrichten einer Nikolausfeier. Diese Tradition begann bereits im Gründungsjahr 1930 und besteht bis heute fort. Für die erste Feier erschien sowohl eine Werbeanzeige in der Zeitung, als auch ein Bericht im Nachhinein. Wie auch in den folgenden Jahren wurde den zahlreich erschienenen Gästen viel geboten: „Musik, humoristische Einlagen, das Erscheinen des Nikolauses, eine Verlosung, Tanz“.

    Die wirtschaftliche Situation in der Weimarer Republik spitzte sich im Zeichen der wachsenden Arbeitslosigkeit und sinkender Löhne (Deflation) immer mehr zu. 

    Dieser historische Hintergrund erklärt die Einträge in das Protokollbuch des Eifelvereins: So konnte die traditionelle, öffentliche Nikolausfeier im Jahr 1931 aus Kostengründen nur in einem kleineren, privaten Rahmen stattfinden.

    Des Weitern werden immer wieder Versuche unternommen, den in der ersten Vorstandssitzung festgelegten Mitgliedsbeitrag von 6 Reichsmark im Jahr zu senken. Dies ist ein weiteres Indiz für die „immer schlechter werdende wirtschaftliche Lage“. Auch der Vermerk im Protokollbuch, dass immer wieder Mitglieder mit ihren Beiträgen im Verzug sind, deutet auf eine schlechte finanzielle Lage der Mitglieder hin. 1931 wurde dann der jährliche Beitrag auf 4 Reichsmark festgelegt. Letztendlich war die Beitragszahlung nicht mehr einmal im Monat zu leisten, sondern nur noch einmal im Quartal, um die Mitglieder in der schlechten wirtschaftlichen Situation zu entlasten.

    Zudem waren die Fahrkosten für den Verein zu teuer, so dass er nur noch Ziele in der näheren Umgebung ansteuerte.

    Zu der allgemeinen politischen Situation in Deutschland ist in dem Protokollbuch des Troisdorfer Eifelvereins nicht viel vermerkt, lediglich der Eintrag vom 8. August 1933 weist darauf hin. Nach der Machtergreifung Hitlers am 31. Januar 1933 begann ein Prozess, welcher sich bis Mitte des Jahres 1934 hinzog. Ziel war es, die nationalsozialistische Diktatur zu etablieren und den alleinigen Machtanspruch von Hitlers Regime in der deutschen Gesellschaft zu verankern. Dazu wurden unter Anderem die Vereine gleichgeschaltet.
    Der Troisdorfer Eifelverein wurde an diesem 8. August 1933 in einer „außerordentlichen Generalversammlung“ gleichgeschaltet. Dieser Maßnahme mussten sich die Vereine fügen, wenn sie nicht aufgelöst werden wollten.

    Das Protokollbuch endet im Jahr 1936, der Eifelverein Ortsgruppe Troisdorf bestand jedoch weiter, was zum Einen an der „Bescheinigung über die Anerkennung als Sportverein“ von dem Deutschen Reichsbund für Leibesübungen aus dem Jahr 1940 zu erkennen ist. Aber auch die Einträge in das Kassabuch des Vereins zeigen, dass dieser sogar noch während der Kriegsjahre (1939-1945) fortbestand und aktiv war. So spendete der Verein zum Beispiel in den Jahren 1941 bis 1944 einen Anteil der Mitgliedsbeiträge (im Jahr 1944 30 RM) an die Soldaten an der Front.

    Obwohl die Anfangsjahre des Eifelvereins Ortsgruppe Troisdorf aufgrund der wirtschaftlichen und politischen Situation in Deutschland unter keinem guten Stern standen, hat sich der Verein sehr gut entwickelt und erfreute sich auch nach der Neugründung mit der Erlaubnis der Militärregierung im Jahr 1946 eines gleichbleibenden Zuspruchs, so dass es ihn auch heute - jedoch seit 2016 unter dem neuen Namen Eifelverein Ortsgruppe Siegtal e.V. - noch gibt. Im November 2016 hat der Eifelverein OG Siegtal seine Unterlagen dem Stadtarchiv Troisdorf überlassen, darunter findet sich unter anderem das Protokollbuch.

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1. Fundstück: Sieglarer Ehrenchronik zum Ersten Weltkrieg (um 1935)

Sieglarer Ehrenchronik (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
Sieglarer Ehrenchronik (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

Als erstes interessantes Fundstück präsentieren Ihnen Hans Hesse und Elke Purpus eine um 1935 entstandene und im Stadtarchiv Troisdorf aufbewahrte Ehrenchronik, die an die Siglarer Gefallenen und Kriegsteilnehmer des Ersten Weltkriegs erinnert. 

Herr Hesse und Frau Purpus legen in ihrem Text versiert die Entstehungsgeschichte, den Inhalt sowie weitere Eigenschaften und Besonderheiten der Sieglarer Ehrenchronik dar.

Ferner datieren sie den Entstehungszeitraum der selbst undatierten Chronik argumentativ schlüssig und zeigen weitere Überlieferungsorte vergleichbarer Chroniken im Rheinland auf.


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    Die Sieglarer "Ehrenchronik unserer Gemeinde" zum Ersten Weltkrieg

    von Hans Hesse und Elke Purpus

    Sieglarer Ehrenchronik (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
    Sieglarer Ehrenchronik (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

    "Um den vielen Söhnen unserer Gemeinde, die im Weltkrieg 1914–1918 in treuer soldatischer Pflichterfüllung Leben und Gesundheit geopfert haben, ein Denkmal unauslöschlichen Gedenkens zu setzen und ihre Namen als leuchtendes Bespiel der Vaterlandsliebe und des Gemeinsinns der Nachtwelt zu überliefern, hat die Gemeinde beschlossen, dieses Ehrenbuch zu errichten. Die Kriegschronik unserer Gemeinde soll den künftigen Generationen zugleich ein Spiegelbild der tiefeinschneidenden Veränderungen geben, denen unser Gemeinwesen während des Krieges und in den darauffolgenden Jahren unterworfen war. Sie soll auch den Weg zeigen, der vom Niedergang unserer Nation zum Wiederaufstieg und der nationalen Erhebung des deutschen Volkes führte." [1]

    Diese Sätze stammen aus der Widmungsurkunde der "Ehrenchronik unserer Gemeinde", die an die Gefallenen und Kriegsteilnehmer des I. Weltkriegs aus Sieglar [2] erinnert und im Stadtarchiv in Troisdorf aufbewahrt wird. 

    Bei der Sieglarer "Ehrenchronik" handelt es sich nicht, ganz im Gegensatz zu dem Anschein, den die Widmungsurkunde erweckt, um ein Unikat-Gedenkbuch, sondern um ein Auflagenbuch mit Blanko-Gedenkseiten.

    Die "Ehrenchronik" wurde nach 1933 im Chronik-Verlag herausgegeben. Auf annähernd 350 Seiten werden sowohl einzelne Kriegsteilnehmer (Ehren-Urkunde) als auch Gefallene (Helden-Urkunde) auf jeweils einer Seite (35 cm x 25 cm, Quart) vorgestellt. Die einzelnen Seiten stellen Informationen über die Kriegsteilnehmer zusammen. Neben dem Namen und dem Geburtsdatum werden die Truppenteile, die mitgemachten Schlachten und Gefechte, Auszeichnungen, Verwundungen und Entlassungsdaten erfasst. Bei den Gefallenen kommen noch das Todesdatum und ein eventuell bekannter Beerdigungsort hinzu. In nicht unerheblichem Umfange sind den Urkunden Fotos beigefügt.

    Ursprünglich waren mehrere Bände, vermutlich drei, der "Ehrenchronik" für Sieglar angefertigt worden. Überliefert ist der dritte Band mit den Gemeinden Oberlar, Eschmar und Kriegsdorf. [3] Es handelt sich gegenüber anderen vergleichbaren Gedenkbüchern um eine – zumindest was die Informationen zu den einzelnen Namen anbetrifft – der ausführlichsten Auflistungen im Rheinland.

    "Helden"-Urkunde von Peter Brodeßer (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)
    "Helden"-Urkunde von Peter Brodeßer (Bild: Stadtarchiv Troisdorf)

    Die Sieglarer "Ehrenchronik" des Chronik-Verlags, die nach 1933 konzipiert und verkauft wurde, stellt eine nazifizierte Ausgabe der Chronik aus dem Verlag Adolf Hafner dar. Sowohl das Format als auch die Gliederung und die Texte sind identisch. Allerdings gibt es einige Unterschiede, die zugleich erklären, warum nach 1933 eine neue Chronik erschien:
    Da ist zunächst die Widmungsurkunde. Die Hinweise im letzten Satz auf die "nationale Erhebung" und angeblichen
    "Wiederaufstieg" richten die Ehrenchronik gleich am Anfang im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie aus. Die
    gravierendsten Überarbeitungen erfuhren die Gedenkblätter. Für die getöteten Soldaten sind sie nun mit "Helden-Urkunde" betitelt. Unter dem Schriftzug "Er starb für uns" ist ein aufgebahrter Soldat zu sehen. Feuerschalen rechts und links, ein Reichsadler, das Eiserne Kreuz und Stahlhelme mit Kurzschwertern, geschmückt mit Lorbeerblättern im Rahmen des Gedenkblattes weisen eine sehr viel größere militaristische Ikonografie auf. Die Gedenkblätter für die Kriegsteilnehmer werden nunmehr als "Ehren-Urkunden" bezeichnet. Auch sie wurden ikonografisch überarbeitet. Im Rahmen sind Reichsadler, Eiserne Kreuze, Eichenblätter und jeweils rechts und links zwei stehende Ritter in Rüstungen, in der linken Hand jeweils ein mächtiges Schild, in der rechten ein Langschwert haltend, vor einem Strahlenkranz abgebildet. Ein Motiv, das auch schon im Einband vorkommt und an die mächtigen Skulpturen des Völkerschlachtdenkmals in Leipzig erinnert. Die einzelnen Blätter sind mit dem Kürzel "B.G." signiert.

    Der Text wurde zum Ende der "Ehrenchronik" ebenfalls ergänzt. Neu aufgenommen wurden die Kapitel „Die Geschichte des Dritten Reiches", die mit der Geburt Adolf Hitlers beginnt und nur bis zum 21. März 1933, dem so genannten Tag von Potsdam und dem Tag der Abstimmung über das "Ermächtigungsgesetz", die das Ende der Weimarer Republik besiegelte, reicht und "Die Nationalsozialistische Bewegung in unserer Gemeinde". Die Seiten sind in der Sieglarer "Ehrenchronik" leer geblieben. Die Rahmungen für diese Seiten bestehen aus einem mittig gesetzten Parteiadler und Hakenkreuzen im Rahmenband.

    Im Rheinland ist diese "Ehrenchronik" noch in Bensberg (Stadtarchiv Bergisch Gladbach) und für die Gemeinde Büsbach (Stolberg, Städteregion Aachen) nachweisbar. Für letztere ist eine Rechnung vom 26. Juni 1935 erhalten, der zufolge der Preis der Chronik 168 RM betragen haben soll. Die Büsbacher Chronik bestand aus drei Bänden (ähnlich wie in Troisdorf), je Band 56 RM. Offenbar gab es eine Klassifizierung, die sich nach der Größe der Städte richtete. Büsbach wurde mit 9.000 Einwohnern in die Größe "IX" (drei Bände) eingestuft.

    Die Sieglarer "Ehrenchronik" listet 63 Tote für die Gemeinden Oberlar (44), Eschmar (11) und Kriegsdorf (8) auf. 297 Namen werden als Kriegsteilnehmer/Heimkehrer genannt. In einer Zusammenstellung von 2011 werden 69 Gefallene genannt. [4] Das bedeutet, dass Mitte der 1930er Jahre die Anzahl der Kriegstoten bereits annähernd bekannt war. Was jedoch auffällt ist, dass für keinen der Toten eine Grabstelle angegeben wurde. Wohl wurde für die Hälfte der Toten ein Ortsname angegeben, wo der Tote beerdigt sein soll, aber dennoch handelt es sich nur um eine vage Angabe. Für ein Drittel der Namen konnte nur die Angabe 'begraben in Frankreich' gegeben werden. Der Name eines Friedhofs, die Grablege dort, all das waren Informationen, die Mitte der 1930er Jahren noch nicht vorlagen. Zwei Drittel aller Toten starben in Frankreich. Dagegen ist ein Kriegsjahr, in dem besonders viele Soldaten starben, nicht auszumachen:
    1914 = 7, 1915 = 17, 1916 = 12, 1917 = 14, 1918 = 13. Der erste getötete Soldat war Peter Brodeßer (s. Abb.). Er starb am 29. August 1914 bei Sedan. Eine weitere, unerklärliche Besonderheit ist, dass die Geburtsdaten von annähernd 60% der Toten nicht bekannt waren. Der jüngste Tote war wohl Johann Scharfenstein. Er starb am 22. April 1917 im Alter von 18 Jahren. Der älteste war wahrscheinlich Jakob Thies. Er starb am 17. Juni 1916 im Alter von 40 Jahren. Insgesamt ist zu konstatieren, dass Mitte der 1930er Jahre, immerhin 20 Jahre nach Kriegsende, selbst über die Toten des I. Weltkriegs anscheinend nur wenige gesicherte Informationen vorlagen.

    Zu den Besonderheiten bei den 297 Kriegsteilnehmern/Heimkehrern gehört, dass ca. 40% im Krieg verwundet worden waren. Annähernd 80% hatten eine oder mehrere Auszeichnungen erhalten. Die weitaus häufigste Auszeichnung war das "Ehrenkreuz für Frontkämpfer" oder "Kriegsteilnehmer". 85% der Ausgezeichneten erhielten eine solche Ehrung. Die zweithäufigste Auszeichnung war das Eiserne Kreuz II. Klasse (EK II.), das 57% der Ausgezeichneten verliehen wurde. Die nächsthöhere Stufe, das EK I., erhielten dagegen nur noch 4%. Ein Verwundetenabzeichen erhielten 6%.

    Einen wichtigen Datierungshinweis für die "Ehrenchronik" bieten die aufgelisteten Auszeichnungen für die Soldaten. Unter ihnen befindet sich das so gennannte "Ehrenkreuz für Frontkämpfer" oder "Kriegsteilnehmer". Es wurde anlässlich des 20. Jahrestages des Beginns des I. Weltkriegs am 13. Juli 1934 von dem Reichspräsidenten Paul von Hindenburg gestiftet und auf Antrag verliehen, allerdings erst von Adolf Hitler, da Hindenburg am 2. August 1934 verstorben war. Das "Ehrenkreuz" wurde über sieben Millionen Mal verliehen. Die Sieglarer "Ehrenchronik" wurde somit vermutlich um 1935/1936 ausgefüllt. Die Drucklegung erfolgte vermutlich nicht vor August 1933.


    Quellennachweise
    • [1] Ehrenchronik unserer Gemeinde, Chronik-Verlag, München 1935 (?) (Signatur im Stadtarchiv Troisdorf B 1060; weiter nachgewiesen in Büsbach (Stolberg, Städteregion Aachen) und Bensberg (Stadtarchiv Bergisch Gladbach)).
    • [2] Die Stadt Troisdorf in ihrer heutigen Ausdehnung existiert erst seit der Gemeindereform 1969. Die in der "Ehrenchronik" erwähnten Ortschaften Oberlar, Eschmar und Kriegsdorf gehörten zur Zeit der Entstehung der "Ehrenchronik" zu der Stadt Sieglar, die erst 1969 nach Troisdorf eingemeindet wurde. Deshalb wird für diesen Text die Bezeichnung "Sieglarer Ehrenchronik" gewählt.
    • [3] Da die Seitenzahl der einzelnen Bände vom Verlag vorgegeben war, konnten die einzelnen Bände offensichtlich nicht alphabetisch sortiert nach den Ortschaften angelegt werden, sondern mussten über die Bände 'verteilt' werden. Dies könnte erklären, warum der 3. Band die Ortschaften Oberlar, Eschmar und Kriegsdorf umfasst. Es fehlen Bergheim, Müllekoven, Sieglar und Spich.
    • [4] Höngesberg, Peter, Die Kriegstoten der Stadt Troisdorf, Schriftenreihe des Archivs der Stadt Troisdorf, Nr. 30, Troisdorf, März 2011.
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