Neues Exponat im Troisdorfer Museum Musit:

Ein Modell und gut gelaunte Bakterien

Vor einzigartigem Modell: v.l. Rudolf Neuber, Professor Herbert Kohler, Karl Reither, Wolfgang Huckschlag und Museumsleiterin Pauline Liesen.

Das Modell einer Abgas- und Geruchsbeseitigungsanlage aus dem Jahr 1977 bereichert jetzt die Ausstellung zur Geschichte des Kunststoff-Standorts Troisdorf im Museum für Stadt- und Industriegeschichte (Musit) auf Burg Wissem. Das erstaunliche Modell hat den Maßstab 1:25 der großen Anlage, die in der ehemaligen Kunststofftechnik Troisdorf (KT) für die Leichtmetallgießerei der Firma Daimler Benz gebaut worden war.

Die KT war ein Troisdorfer Unternehmen, das fast fünfzig Jahre lang bestand, mehr als 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatte und in seinen Hallen zwischen Poststraße und Paul-Müller-Straße produzierte. Die Produktpalette der KT umfasste Apparate und Anlagen aus korrosionsfesten Kunststoffen. Dazu zählten neben Rohrleitungen, Pumpen und Ventilatoren auch Anlagen zur Luftreinhaltung.

Waschtürme aus Polypropylen

Die Anlage, die das Modell zeigt, war eine der größten, die zu dieser Zeit aus Kunststoff gebaut worden war. Die beiden Waschtürme aus Polypropylen hatten einen Durchmesser von 4,50 Metern und eine Höhe von 9 Metern . Sie wurden in Segmenten vorgefertigt und auf der jeweiligen Baustelle zusammengesetzt und verschweißt. Bei der Abgasreinigungsanlage kam ein völlig neues Verfahren erstmalig zur Anwendung.

Es handelte sich um ein biologisches Verfahren, das von der Universität Stuttgart in Zusammenarbeit mit der Firma Daimler Benz entwickelt worden war. Maßgeblich an dieser Entwicklung beteiligt war Prof. Dr. Herbert Kohler, der zur Übergabe des Modells aus Stuttgart anreiste. Das Modell, das KT-Mitarbeiter Rudolf Neuber in seiner Freizeit gebaut hatte, war in den letzten Jahren, als es im Berufskolleg in Sieglar stand, fast in Vergessenheit geraten.

Wie eine Kläranlage funktioniert

Die KT, die in einem Bieterverfahren den Auftrag gewinnen konnte und Vorreiter beim Bau der Anlage war, erhielt eine Lizenz auf dieses Verfahren und baute mehrere ähnliche Anlagen, so im Raum Siegburg bei der Firma Kepec, im Raum Köln bei der Fettschmelze und in Brühl bei der Gießerei Eisenwerke Brühl. Mit der technischen Umsetzung war in den 70er und 80er Jahren der damalige Technische Leiter der KT, Karl Reither, befaßt.

„Das funktionierte wie eine städtische Kläranlage. Bei der Produktion der Mercedes-Motoren entanden Abgase, die rund um das Werk zur Geruchsbelästigung führte. Mit Luft, Wasser und der Arbeit von Mikroorganismen wurde der Geruch von Phenolen und Phenolharzen beseitigt“, erklärte Professor Kohler. Dabei musste man immer dafür sorgen, dass die Mikroorganismen „beschäftigt und gut gelaunt blieben“, erklärte er mit einem Augenzwinkern.

Nun kommt das einzigartige Modell zu neuen Ehren und unterstreicht die Bedeutung Troisdorfs als Standort von heute mehr als 50 teils weltweit tätigen Kunststoff-Unternehmen. Infos auf www.kompetenzzentrum-kunststoff.de. Das Musit und die Tourist-Information auf Burg Wissem, Burgallee, sind dienstags bis freitags von 11 bis 17 Uhr, samstags, sonntags und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr geöffnet, Tel. 02241/900-456.