Troisdorf damals und heute

Modell des ehemaligen DN Hauptverwaltungsgebäudes im Rathaus

v.l. Hansjörg Klein mit Ehefrau Klara und Bürgermeister Klaus-Werner Jablonski
v.l. Klara Klein, Bürgermeister Klaus-Werner Jablonski, Hauptamtsleiter Elmar Bregenhorn, Archivarin Antje Winter, Ortsvorsteher Gerhard Schlich und Hansjörg Klein
Selbst die Straßenbahn hat Hansjörg Klein originalgetreu nachgebaut.

Ratlose Blicke der Besucher und Mitarbeiter des Rathauses richten sich momentan auf das Modell eines Gebäudes, das seit kurzem im Foyer ausgestellt wird. Das Gebäude, es handelt sich um die ehemalige Hauptverwaltung der Dynamit Nobel AG, wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, nicht wiederaufgebaut und ist daher nur noch wenigen Troisdorfern bekannt.

Ein neues Verwaltungsgebäude entstand, das sich noch heute gegenüber dem Rathaus befindet. Das ehemalige Objekt stand an der Ecke Kaiserstraße/ Mülheimerstraße, dem Gelände der heutigen Stadthalle und Festplatz.

Einer, der den Bau nicht nur gut kannte, sondern dem dieser so sehr am Herzen liegt, dass er ihn in einem einjährigen Schaffensprozess detailgetreu nachgebaut hat, ist Hansjörg Klein. 1934 in Köln geboren, wohnte er seine ersten zehn Lebensjahre bis zur Zerstörung des Gebäudes gemeinsam mit seinen Eltern in der einzigen Wohnung im Hauptverwaltungsgebäude.

Vater Hans Klein war zuständig für die Hausverwaltung. Mutter Lieschen Klein bot für die Mitarbeiter einen Getränkeservice mit Kaltverpflegung an und organisierte täglich einen Mittagstisch für den Vorstand und andere Mitarbeiter.
Noch heute erzählt Hansjörg Klein begeistert, wie er als kleiner Junge nach Dienstschluss mit dem Fahrrad durch die langen und einsamen Flure des riesigen Verwaltungsgebäudes gefahren ist.

Allerdings hat er nicht nur positive Erinnerungen. Besonders die Geschehnisse des 29. Dezember 1944 sind ihm in Erinnerung geblieben.

Die Dynamit Nobel AG war zu dieser Zeit eines der größten Chemie- und Rüstungsunternehmen des Deutschen Reiches und beschäftigte an die 20.000 Menschen, darunter viele Zwangsarbeiter. Damit war das Unternehmen und somit die Troisdorfer Innenstadt ein wichtiges strategisches Ziel.

Die Bombardements der Alliierten begannen bereits im Jahr 1942, Troisdorf blieb aber weitestgehend verschont. Erst an besagtem 29. Dezember 1944 kam es zu einem Großangriff auf Troisdorf: „Kurz nach Sechs gab es wieder Fliegeralarm“, erinnert sich Hansjörg Klein: „Wie immer flüchteten wir in den Luftschutzkeller, der sich unter dem Haupteingang befand. Viele Menschen aus der näheren Umgebung fanden hier auch Unterschlupf. Bisher waren die Bombergeschwader immer über Troisdorf hinweggeflogen und auch an diesem Abend kam die Entwarnung schnell. Diesmal allerdings zu schnell. Die Fliegerstaffel drehte um und 200 Lancester starteten ihren Angriff auf Troisdorf. Es war furchtbar. Im Gegensatz zu vielen anderen, die vom Angriff überrascht wurden, hatten wir es noch in den Luftschutzkeller geschafft.
Doch schon nach fünf Minuten schlug eine 10-Zentner-Bombe in der Nähe des Haupteingangs ein. Der Luftschutzkeller hielt. Die zwei riesigen Eisentüren jedoch platzten auf. Unmengen von Staub und Geröll drangen herein, ein ohrenbetäubender Lärm hallte nach. Ich bin froh, dass wir diesen Angriff überlebt haben, der ca. 20 Minuten andauerte.“

336 Troisdorfer und Oberlarer überlebten dieses schreckliche Ereignis nicht.

Am 8. März wurde das Gebäude erneut durch Bomben schwer beschädigt, später durch Artilleriebeschuss völlig zerstört.

Hansjörg Klein besuchte in Troisdorf die Grundschule in der Schloßstraße und anschließend die Realschule bis zur mittleren Reife. Danach absolvierte er die zweijährige Höhere Handelsschule in Köln. Bei der Deutschen Bank in Köln erfolgte dann die Ausbildung zum Bankkaufmann. Nach einigen Berufsjahren in der Bank zog es ihn zu Dynamit Nobel zurück. Dort war er zuerst zehn Jahre im Rechnungs- und Finanzwesen beschäftigt. Danach wechselte er in führender Position in den Bereich Dienstleistung. Zuletzt wurde ihm die Leitung der Abteilung Allgemeine Dienste übertragen.

Die Idee, das Gebäude originalgetreu nachzubauen, kam ihm bei Ausschachtungsarbeiten für die neue Stadthalle. Dort zeigten sich Fragmente von Kellern und Luftschutzräumen. Hansjörg Klein erkannte genau die Stellen, an denen er, seine Familie und andere Personen bei Fliegeralarm Schutz suchten.

Neben dem Modell werden in einer Vitrine weitere Ausstellungsstücke aus der Privatsammlung von Hansjörg Klein gezeigt, darunter Fotos der Familie und Ansichten des Gebäudes sowie ein Fernsprechverzeichnis von 1941, vollständige Geschäftsberichte der DN (vormals noch RW Sprengstoff AG) von 1933 aufwärts und eine Rechenmaschine, die Hansjörg Klein aus den Trümmern gerettet hat.

Den Anstoß zu dieser Ausstellung gab der Troisdorfer Ortsvorsteher Gerhard Schlich: „Hansjörg und ich kennen uns seit Menschengedenken. Ich war sofort begeistert von seinem Modell und freue mich, dass es hier seinen Platz gefunden hat. Ich muss sagen, es ist exakt so, wie ich es in Erinnerung habe.“

Auch Hansjörg Klein ist froh über die Möglichkeit, das Modell des imposanten Gebäudes vielen Menschen zeigen zu können: „Ich möchte mich bei Bürgermeister Klaus-Werner Jablonski bedanken und natürlich auch bei Antje Winter, der Stadtarchivarin, die das Ganze so wunderbar umgesetzt hat.“

Das Modell wurde im Beisein des Ehepaares Klein und Ortsvorsteher Schlich im Rahmen eines Pressetermins Bürgermeister Jablonski, Hauptamtsleiter Bregenhorn und Archivarin Winter leihweise übergeben. Es kann noch bis zum Sommer im Foyer des Rathauses zu den regulären Öffnungszeiten bewundert werden. Dann soll es nach Wunsch von Hansjörg Klein in ein Museum wechseln oder einem Interessenten angeboten werden, damit das Modell (120 cm breit und 130 cm lang) der Öffentlichkeit weiterhin zugänglich ist. Kontakt stellt Frau Winter gerne her.

Ein bebildertes Album mit einem historischen Überblick (auch auf die Familie Klein bezogen) befindet sich für die Ausstellungsdauer noch im Stadtarchiv, Untergeschoss bei Antje Winter, Leiterin (Tel. (02241) 900-135) und kann gerne eingesehen werden.