2. Leben für PVC in Troisdorf

Recycling von Fenstern und Böden

Vor vollem Container: links Bürgermeister Klaus-Werner Jablonski mit Vertretern der beteiligten Firmen.

Im Industriepark in Troisdorf endet ein Stück Industriegeschichte. Jahrzehntelang wurden in den Produktionsanlagen auf dem einstigen Gelände der Dynamit Nobel Kunststoffrohre (ab 1962, Hersteller: dynarohr) und Kunststoff-Fensterprofile der noch heute existierenden Marke „Trocal“ extrudiert, zuletzt durch die profine GmbH. Ende 2009 wurde die Fertigung stillgelegt und die Profilproduktion auf die Standorte Berlin und Pirmasens aufgeteilt. Derzeit veranlasst die T-Park GmbH, heutige Eigentümerin des Areals, den umweltgerechten Rückbau des Büro- und Produktionsgebäudes. Dort entsteht ein moderner Gewerbepark mit kleinteiligen Einheiten zur flexiblen Nutzung mit einer Gesamtfläche von rund 10.000 Quadratmeter. Das Abbruchunternehmen Peter Kolb GmbH aus Aschaffenburg trennt die alten Baumaterialien weitgehend voneinander. Deutlich wird dies besonders bei den ausgedienten PVC-Baustoffen. Etwa 150 alte PVC-Fenster sowie ca. 1.100 Quadratmeter PVC-Bodenbeläge werden in Containern gesammelt und anschließend werkstofflich recycelt, anstatt in die Müllverbrennung zu wandern.

Dass dies so funktioniert, dafür sorgen die Rewindo Fenster-Recycling-Service GmbH, Bonn, und die Arbeitsgemeinschaft PVC-Bodenbelag-Recycling (AgPR), deren Wiederverwertungsanlage sich nahezu in Sichtweite befindet. Die Kunststoff-Altfenster haben einen etwas weiteren Weg als die Bodenbeläge: Sie werden per LKW zu der auf PVC-Fensterrecycling spezialisierten Anlage der VEKA Umwelttechnik GmbH nördlich von Eisenach transportiert. Dort beginnt in mehreren Schritten der technisch hochwertige Recyclingprozess. Die PVC-Altfenster werden zunächst geshreddert und weiter zerkleinert. Dann erfolgt in unterschiedlichen Verfahren die sortenreine Trennung in Metall, Gummi, Glasreste und Kunststoff. Letzterer wird erhitzt und durch einen Filter gepresst, um letzte Fremdpartikel auszusondern. Das dabei zurück gewonnene reine PVC-Granulat ist schließlich der Ausgangsstoff für neue Kunststofffenster mit Recyclingkern.

„Die Troisdorfer Industriegeschichte geht also zumindest für die alten PVC-Fenster und -Bodenbeläge weiter, wenn auch an anderen Orten“, so Rewindo-Geschäftsführer Michael Vetter. Und sie könnte noch Jahrhunderte weiter gehen. Denn wissenschaftliche Versuche ergaben, dass Kunststofffenster, deren Lebensdauer wenigstens 30-40 Jahre beträgt, ohne Qualitätsverlust mindestens siebenmal recycelt und wiederverwertet werden können. Zu den Gesellschaftern der 2002 gegründeten, bundesweit tätigen Recycling-Organisation gehört neben sieben weiteren deutschen Systemhäusern auch die profine GmbH. Zusammen mit seinen Recycling-Partnern konnte Rewindo im Jahr 2015 einen Rücklauf von über 27.000 Tonnen PVC-Regranulat aus Altfenstern erreichen, was etwa 1,5 Mio. Fenstereinheiten entspricht.

Ein zweites Leben wird es auch für die im T-Park ausgebauten PVC-Bodenbeläge geben. In der Anlage der AgPR wurden im Jahr 2015 ca. 2.500 Tonnen recycelt. „Die angelieferten PVC-Alt-Bodenbeläge werden nach Aussortierung anderer Materialien in der 1991 errichteten Recyclinganlage zu Feinmahlgut verarbeitet. Bei Eignung lässt sich dieses problemlos bei der Produktion neuer PVC-Fußbodenbeläge einsetzen“, erläuterte Betriebsleiter Heinz A. Lübben. Das seit 1990 tätige Sammelsystem unterhält darüber hinaus ein bundesweites, dichtes Netz von Annahmestellen. „Unsere Anlage feiert in diesem Jahr ihr 25-jähriges Jubiläum. PVC-Bodenbeläge haben an diesem Standort allerdings eine weit längere Tradition“, so AgPR-Geschäftsführer Dr. Jochen Zimmermann. „Schon in den 1930er Jahren wurden hier von der Firma Mipolam als Ersatz für Gummi erste Bodenbeläge aus PVC entwickelt und produziert.“

Für die Abbruchbranche in Deutschland ist das Troisdorfer Projekt ein gutes Beispiel für den seit vielen Jahren propagierten selektiven Rückbau von Gebäuden. „Neuhochdeutsch“ sprechen Fachleute heute von „Urban Mining“. Es bedeutet den Abbau von Wertstoffen wie PVC im städtischen Bereich im Rahmen von Abbruchmaßnahmen an Wohn- oder Gewerbegebäuden. „Dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren weiter verstärken“, sagte Michael Vetter.